Special - USK und BPjM : Leitfaden durch den Behörden-Dschungel
Electronic Arts, einer der größten PEGI-Befürworter in Deutschland, kann davon ein vielstrophiges Lied singen. Beispiel Command & Conquer: Generäle: Das Echtzeit-Strategiespiel wurde im Februar 2003, also noch vor der Novellierung des Jugendschutzes veröffentlicht, sodass die BPjM trotz vergebener USK-16-Einstufung die Indizierung des Titels veranlasste. Als Grund gab man die Kriegsverherrlichung im Spiel an. Im September 2003 veröffentlichte EA eine angepasste, deutsche Version, um den Titel frei im Handel verkaufen und bessere Absatzzahlen erreichen zu können. Die Folge: Aus den Menschen im Spiel wurden Cyborgs mit Roboterstimmen, aus Selbstmordattentäter wurden ferngesteuerte TNT-Fässer auf Rädern und die Zivilisten wurden gänzlich entfernt. Diese Überarbeitung allein für den deutschen Markt war für den Publisher mit erheblichen Mehrkosten verbunden.
Auf Kriegsfuß mit der USK
Problematisch für Electronic Arts ist in der jüngeren Vergangenheit auch die Horrorspiel-Reihe Dead Space. Während es der erste Teil im dritten Anlauf durch die USK-Prüfung geschafft hat, benötigte Dead Space 2 schon derer fünf. Und trotz der dann erfolgten Ab-18-Einstufung in beinahe ungeschnittener Form ist die Veröffentlichung in Deutschland noch lange nicht in trockenen Tüchern, denn das Land Bayern kippte die bereits erfolgte Einstufung prompt per Appellationsverfahren - ein Novum in der Geschichte der USK.
"Wir sind seit Juli 2010 mit der USK im Gespräch über Dead Space 2. Es gab insgesamt fünf USK-Prüfungen mit der finalen Entscheidung, das Spiel zu kennzeichnen", so Dr. Olaf Coenen, Geschäftsführer von EA Deutschland. "Danach haben wir - so wie das in den 30.000 Fällen zuvor auch Praxis war - die weiteren Produktionsschritte unternommen. Nun wurde das Kennzeichen völlig überraschend und für uns nicht nachvollziehbar wieder kassiert." Noch im Januar soll ein weiteres Einstufungsverfahren eingeleitet werden, wodurch die Veröffentlichung von Dead Space 2 am 27. Januar gefährdet ist. Für die deutsche Niederlassung des Publishers ist das schon jetzt ein finanzielles Debakel.
Die Kritik wächst
Aber die Argumente gegen das deutsche Jugendschutzsystem für Videospiele umfassen nicht nur die Kosten. Schließlich erschwere eine Indizierung den Erwerb auch für Erwachsene, was einer Bevormundung volljähriger Bürger gleichkomme, argumentieren Kritiker. Und: Viele Titel, die vor Jahren indiziert worden sind, stehen noch immer auf der Liste, obwohl sie nach heutigen Maßstäben davon nicht mehr betroffen wären. Die BPjM hebt die Indizierung zwar nach 25 Jahren auf oder prüft den Titel unter aktuellen Gesichtspunkten erneut, dem schnelllebigen Medium Videospiel wird dieser Zeitraum aber beileibe nicht gerecht.
Angesichts der immer wieder aufkeimenden Kritik scheint das System unter Druck zu stehen. Aber: Zurzeit erscheint höchstens die Einführung des PEGI-Systems anstelle der USK denkbar, in Sachen Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien wird sich die Bundesregierung bzw. das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend aber in absehbarer Zeit wohl nicht so schnell die Butter vom Brot nehmen lassen.
Kommentarezum Artikel