Test - We Were Here Forever : Wenn euch It Takes Two zu einfach ist
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Die mittlerweile vierteilige „We Were Here“-Reihe fasziniert seit nun schon fünf Jahren regelmäßig durch ihre eigensinnige Mischung aus bisweilen haarsträubend spröden Rätseln, aber doch ungemein fesselndem und nach wie vor einzigartigem Koop-Gameplay. Jeder Teil lässt sich ausschließlich zu zweit spielen und setzt dazu auf Rätsel, die nicht nur ausgesprochen viel Gehirnschmalz erfordern, sondern vor allem die Kommunikation der beiden Spieler untereinander zur eigentlichen Herausforderung machen. Trotz sehr kurzer Spielzeit haben den ersten Teil nur rund 30% aller Spieler überhaupt beendet. Dennoch ging das Konzept auf. Zwei weitere Teile folgten, die von Spiel zu Spiel stets ein gutes Stück umfangreicher, komplexer und ausgefeilter wurden als die vorherigen. Mit We Were Here Forever geht die Reihe nun in die vierte Runde und legt nochmal eine große Schippe drauf.
In den Spielen der „We Were Here“-Reihe dreht sich alles um gemeinsames Knobeln und Kommunikation. Der Spaß dabei entsteht exakt auf dem schmalen Grat zwischen einer guten Absprache und dem meist doch eher glorreichen Scheitern an derselben. Denn um sich gegenseitig zum Beispiel die Symbole zu beschreiben, die in die richtige Reihenfolge zu bringen sind, um eine Tür zu öffnen, werden geistige und wortreiche Verrenkungen abverlangt, die schon bald irrwitzige Dimensionen annehmen.
„Eine Stadt, nur als Pilz!“, ist da etwa nur eine der Stilblüten, die in einer Mischung aus Verzweiflung, Geistesblitz und ratloser Genervtheit die Kommunikation irgendwann vollständig beherrschen. Das Spielerlebnis von We Were Here pendelt in einem ständigen Wechsel zwischen Konzentriertheit ob der originellen Rätsel, hemmungslosem Gelächter angesichts des kläglichen Scheiterns daran und diesen heiklen Momenten, die drohen Freundschaften zu vernichten, weil man sich eigentlich nur noch anschreien möchte.
Eine runde Autoachse & die Toilettenspülung
So kennen wir We Were Here nach nunmehr drei Teilen, doch genau wie die Vorgänger schon mit jedem neuen Spiel ein Stückchen größer, schöner und komplexer wurden, geht Teil 4 nun abermals ein paar Schritte weiter. Kryptische Symbole zu beschreiben - das beherrschen wir mittlerweile quasi im Schlaf. We Were Here Forever setzt darum regelmäßig einen drauf. Zu den Symbolen, die wortgewandt mit „Eine Autoachse, nur rund“ beschrieben werden, kommen plötzlich auch Töne hinzu. Und versucht ihr mal etwas zu erklären, das wie eine Toilettenspülung klingt, oder noch schlimmer: es nachzumachen …
Unser Abenteuer beginnt in einer Kerkerzelle von Schloss Castle Rock, das schon in den Vorgängern den erzählerischen Mittelpunkt bildete und aus dem wir uns eigentlich im dritten Teil schon entkommen wähnten. Wieso, weshalb, warum wir jetzt wieder hier sind und erneut fliehen müssen? Egal, denn die Geschichte bildet ohnehin lediglich den roten Faden, an dem entlang die einzelnen Rätselabschnitte geknüpft sind, die diesmal etwas offener strukturiert sind.
Waren die Vorgänger noch streng linear aufgebaut, gibt uns We Were Here Forever die Möglichkeit, ab einem bestimmten Zeitpunkt unterschiedliche Wege einzuschlagen. Soll es zuerst in eine Unterwasseranlage mit einem Labyrinth voller obskurer Statuen gehen oder lieber auf den Friedhof, auf dem wir anhand kryptischer Beschreibungen die richtigen Gräber ausheben? Ziel aller Unternehmungen ist es, die drei Bauteile einer Maschine zu finden, um mit ihrer Hilfe aus dem Schloss und schließlich aus dem verfluchten Königreich zu entkommen.
Im Zentrum der spielerischen Erfahrung steht ohnehin das einzigartige Rätseldesign, das einmal mehr vor enorme Herausforderungen stellt und im Vergleich zu den Vorgängern nochmal einen gehörigen Zahn zulegt. We Were Here Forever fährt wahre Schwergewichte an Denksportaufgaben auf, die jeweils völlig unterschiedliche Herangehensweisen erfordern. Mal ist es das Ziel, den Partner durch ein Labyrinth zu lotsen, ein anderes Mal gilt es, in Zusammenarbeit und unter Zeitdruck verschiedene Tränke zusammenzubrauen, während im nächsten Rätsel diverse Gegenstände zwischen den Spielern hin- und hergetauscht werden müssen, bis jeder über die richtigen Symbole verfügt, die er benötigt, um das Puzzle auf seiner Seite zu lösen.
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Dreh- und Angelpunkt des Rätseldesigns nämlich: Beide Spieler sind räumlich meist voneinander getrennt. Der eine weiß nicht, wo der andere ist, was er dort sieht und was davon für das Lösen der Aufgabe von Bedeutung ist. Kommunikation ist daher elementar, um zunächst zu ermitteln, was überhaupt das aktuelle Ziel darstellt oder zumindest sein könnte, welche Gegenstände oder Hinweise dafür zur Verfügung stehen und wie diese logisch einzusetzen sind. Nur durch effektiven Informationsaustausch nähert man sich so Schritt für Schritt der Lösung und nimmt dabei viele Umwege über Fehlschläge, Missverständnisse und Flüche. Denn die Entwickler wissen ganz genau, wo die Fallstricke der Kommunikation liegen und lotsen euch bewusst dort hinein.
In einem Kapitel müssen wir etwa eine riesige Krake überzeugen, unser U-Boot freizulassen, das sie in ihren glitschigen Tentakeln festhält. Während der eine Spieler nur das riesige Monstrum vor sich sieht und seinem Mitspieler verzweifelt zu übermitteln versucht, welche Töne es von sich gibt und welches Symbol sein Auge dabei anzeigt, versucht dieser aus der Beschreibung die richtigen Schlüsse zu ziehen, eine Übersetzung zu erstellen und so eine passende Antwort zurückzugeben.
In kreativen Rätseln wie diesem fährt das Spiel zu seiner Hochform auf. Wie schon in den Vorgängern kommt es aber auch immer wieder zu solchen, bei denen ein Großteil der Arbeit an einer Person hängen bleibt und die andere nur seine Befehle ausführen kann. Etwa wenn es gilt, bestimmte Musikstücke in einer Reihenfolge auf einer riesigen Orgel zu spielen. Nur einer verfügt über die nötigen Informationen und kann ausbaldowern, welche Tasten zu welchem Zeitpunkt gedrückt werden müssen. Der andere ist dazu verdammt zu warten und muss blind darauf hoffen, dass sein Partner schon weiß, was er tut.
Altbekannte Schwächen
Der jüngste Spross der We-Were-Here-Familie glänzt durch seinen hohen Abwechslungsreichtum. Jedes der unterschiedlichen Areale bringt seine ganz eigene Atmosphäre mit und bietet eine angenehme Abfolge aus relativ einfach zu lösenden Rätseln und solchen, die auf direktem Wege in den Wahnsinn treiben. Vor allem aber zu Beginn wiederholen sich einige Rätselmuster zu oft und strecken dadurch manches Kapitel unnötig in die Länge.
Immer schon ein Knackpunkt der Serie: die technische Seite. Wenngleich sich die Grafikqualität bislang von Spiel zu Spiel massiv gesteigert hat, erreichte sie doch nie ein Niveau, das guten Gewissens als zeitgemäß durchgehen kann. Und auch der neueste Teil macht in dieser Hinsicht keine Ausnahme: Die Texturen und Charaktermodelle fallen bisweilen so unscharf und detailarm aus, dass wir uns regelmäßig fragten, ob da nicht gerade ein zehn Jahre altes Spiel versehentlich auf den niedrigsten Einstellungen läuft. Dass dabei sogar die Framerate immer mal wieder stark einbricht, darf eigentlich nicht passieren.
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