Special - Sound-Design in Videospielen : Wie kommt die Musik ins Spiel?
- Multi
Woher kommen die Töne?
Bei Ubisoft Blue Byte greift Stefan auf eine riesige Online-Bibliothek mit mehreren Terabyte Audiodateien zurück. Doch wer einem Spiel eine charakteristische Sound-Untermalung verpassen will, muss selbst ran. Dieser Schaffensprozess führt Stefan nicht selten in den örtlichen Baumarkt oder gar in die Gemüseabteilung: „Das ist der spaßigste Teil meiner Arbeit. Für Schlaggeräusche haue ich schon mal abends auf Wassermelonen ein oder simuliere mit dem Knacken einer Selleriestange einen fiesen Knochenbruch. Das Klirren eines Schwerts stelle ich mit Klangschalen nach. Und der Bestätigungssound einer funktionierenden Produktionskette ist in Wirklichkeit das Geräusch meiner Autotür.“
Natürlich bearbeitet Stefan die Geräusche noch am PC nach. Aber grundsätzlich ist hier noch viel Handarbeit gefragt. Um auch ja keinen interessanten Sound zu verpassen, hat er stets ein paar Mikros im Kofferraum. „Die Leute haben mich im Urlaub im Wellness-Hotel sehr merkwürdig angeschaut, als ich mit dem Aufnahmegerät das Knacken der Holzleisten aufgenommen habe,“ sagt der gebürtige Österreicher und grinst. Doch die Online-Bibliothek bildet für ihn den Kern der Produktion. Es ist schlichtweg unmöglich, alle Geräusche für ein Spiel selbst herzustellen. Das würde den zeitlichen und auch den finanziellen Rahmen sprengen.
Die Musik kommt
Die Welt des Sound-Designs ist klein – zumindest in Deutschland. Die wenigsten Entwicklerstudios verfügen über die notwendigen Ressourcen, um ein eigenes Sound-Studio einzurichten und zu betreiben. „Neben Ubisoft Blue Byte fallen mir da noch Big Point und Crytek ein. Und natürlich Dynamedion als Anbieter für Musik- und Sound-Produktion in Videospielen.“ Dynamedion übernimmt bei Die Siedler: Die Königreiche von Anteria auch einen Teil der Musikproduktion und bringt den deutschen Stil ins Spiel. Die andere Hälfte des Soundtracks betreut der amerikanische Produzent Jeff Broadbent – bekannt durch seine Kompositionen für Planetside 2. Stefan gefällt diese Mischung aus Deutschland und den USA.
Denn mit dem neuen Siedler-Spiel will Ubisoft auch international angreifen. „Wichtig ist aber vor allem ein interessantes Thema, das dann immer wieder auftaucht. Allerdings darfst du es auch gerade damit nicht übertreiben. Ansonsten geht es dem Spieler auf den Keks. So haben wir eine klassische Melodielinie, die in den Menüs auftaucht. Wenn ich allerdings ins Spiel komme, läuft eine kleine, leise Version dieser Melodie im Hintergrund. Es gibt Punkte im Spiel, wo man es featuren muss und wo man sich etwas zügeln muss. Das ist die Kunst dahinter!“
Doch auch beim Abmischen der Musik ist Fingerspitzengefühl gefragt. Musik führt euch im Spiel – vielleicht sogar mehr, als euch bewusst ist. Beispielsweise verändern sich in Die Siedler: Königreiche von Anteria die Instrumente abhängig davon, welche Charaktere ihr für ein Abenteuer auswählt. Zusätzlich variiert die Musik je nach Spielsituation, zum Beispiel bei Kampfbeginn oder geringer Lebensenergie. Dabei gehen die Musikstücke fließend ineinander über. Das Ganze erinnert an eine Art Schienensystem, bei dem ein Stück nahtlos in das nächste übergeht.
Waren früher die Spielentwicklung und das Sound-Design noch strickt voneinander getrennt, gehören sie heute zusammen wie Pech und Schwefel. Nur so erreichen die Spiele eine Qualitätsstufe, die man von heutigen Produktionen erwartet. Dabei greifen unzählige Zahnräder ineinander, damit wir am Ende ein möglichst stimmungsvolles Spielerlebnis bekommen.
Kommentarezum Artikel