Test - Pure Farming 2018 : Ein Brett im Kornfeld
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Seit Jahren dominiert Giant Softwares beliebte Landwirtschaftssimulator-Reihe die virtuellen Anbaufelder, doch jetzt will ein debütierendes Studio den neuen dicksten Traktor auf dem Feld haben. Pure Farming 2018 aus Polen krempelt die Ärmel des Flanellhemds hoch und verspricht jede Menge Features, darunter Höfe in mehreren Ländern mit unterschiedlichen Feldfrüchten und dafür individuell einzusetzenden Maschinen. Ob es zur ganz großen Ernte reicht?
Mit Farm Experte 2017, Cattle And Crop, Farmer’s Dynasty und Real Farm gibt es aktuell gleich mehrere Agrarsimulationen auf dem Markt, doch bisher konnte noch keine von ihnen an das amtierende Hofoberhaupt, den beliebten Landwirtschafts-Simulator 2017, heranreichen. Bisher vielleicht, denn mit Pure Farming 2018 gibt es einen ambitionierten Neuling, der das Zeug zum Besten seiner Art hat.
Wie man Hanf anbaut
Pure Farming 2018 bietet drei verschiedene Spielmodi, die sich nach eurer jeweiligen Erfahrung im Genre richten. Einsteiger beginnen mit der Kampagne „Mein erster Bauernhof“, die im Grunde als ausführliches Tutorial fungiert. In einer minimalistischen Rahmenhandlung seid ihr der Erbe eines verschuldeten Landhofs. Es ist eure Aufgabe, aus 50.000 Dollar Startkapital und einem halbwegs ausgestatteten Bauernhof wieder ein florierendes Geschäft zu machen. Stück für Stück wird euch gezeigt, wie ihr die typischen Arbeiten eines Bauern verrichtet. Mithilfe eurer Maschinen dürft ihr abwechselnd pflügen, säen, bewässern, düngen und natürlich ernten. Mit dem verdienten Geld kauft ihr weitere Hofelemente oder bessere Maschinen.
Seid ihr geübter, werft ihr einen Blick auf den schwierigeren Modus „Herausforderungen“. Hier warten rund 20 internationale Missionen mit besonderen Problemfällen auf euer Können. Dschungelfeuer und Heuschreckenschwärme verlangen beispielsweise schnelles Handeln, während es in reinen Logistikmissionen gemütlicher zugeht. Zwar gibt es spielerisch kaum merkliche Änderungen – ihr müsst also nicht im Nahkampf mit dem Flammenwerfer gegen Insektenschwärme kämpfen oder nach Michael-Bay-Art im Feldhäcksler vor Explosionen davonfahren –, doch die jeweils ungefähr eine Stunde langen Aufträge sorgen für frischen Wind und schärfen eure Fähigkeiten weiter.
Landwirtschaft global
Seid ihr richtig gut oder bereits Kenner anderer Genrevertreter könnt ihr euch dem Modus „Freie Landwirtschaft“ widmen. In dem Sandbox-Modus gilt es, ein internationales Imperium aufzubauen, und dafür stehen euch alle Möglichkeiten von Pure Farming 2018 offen, inklusive des Anbaus von industriellem Cannabis. Während der letzte Landwirtschafts-Simulator von Giant Software nur zwei amerikanische Karten bot, kommt der Herausforderer gleich mit vier Karten auf dem Hänger - beziehungsweise fünf, zählt man den direkt zum Start erhältlichen ersten DLC dazu. Der Clou ist, dass alle fünf Höfe in verschiedenen Ländern stehen, mit ortstypischen Feldfrüchten und dafür nötigen Maschinen.
In Montana haltet ihr Kühe und baut Getreide an, während es in Japan eher um Reis und Wasabi geht. In Kolumbien werft ihr unter knalliger Sonne den tuckernden Kaffeebohnenpflücker an, in Italien steht die Ernte von Trauben im Vordergrund. Heimische Äcker bewirtschaftet ihr im ersten DLC, der Deutschland als Thema hat. In dem freien Spielmodus habt ihr jederzeit die Möglichkeit, per Flughafen zu einem der Landhöfe in einem anderen Land zu wechseln. Praktisch ist, dass ihr dabei eure teuren Lieblingsmaschinen mitnehmen könnt.
Hightech und Tradition
Die Hofarbeit in Pure Farming 2018 sieht auf den ersten Blick recht modern aus. Gemanagt wird der Betrieb per Tablet, über dessen übersichtliche App ihr alle möglichen Status nachsehen, E-Mails lesen, sowie Ein- und Verkäufe erledigt. Mit einer Drohne fliegt ihr über eure Felder und seht darüber informative Augmented-Reality-Diagramme schweben. Das sind alles praktische Hightechergänzungen, die euch den Alltag erleichtern, dennoch bleibt der Kern des Landlebens natürlich die maschinelle Arbeit. Ihr bedient also regelmäßig Nutzfahrzeuge wie Mähdrescher, Häcksler, Düngemittelsprüher und Kipper. Alle Fahrzeuge basieren auf lizenzierten Marken und sind mit viel Liebe zum Detail umgesetzt.
Die unterschiedlichen Fahrzeuge lassen sich leicht per Maus und Tastatur oder per Gamepad steuern, und wenn ihr möchtet, könnt ihr für ein aufregenderes Erlebnis auch in der Ichperspektive am Steuer sitzen. Habt ihr euch mal verfahren oder festgefahren, springt ihr per Teleportation wieder zurück zur Scheune. Es mag zwar nicht so viele Modelle geben wie bei der Konkurrenz, doch die Fahrzeuge machen fraglos ähnlich viel Spaß. Toll ist auch, dass es direkt zum Spielstart eine Importfunktion für von der Community erstellte Fahrzeuge gibt.
Geduldsprobe
Was ihr mitbringen solltet, ist Geduld, denn bis auf die Teleportation gibt es keine Zeitbeschleunigungsmöglichkeit. Das heißt tatsächlich, dass ihr ein weites Feld in der Regel dreimal nacheinander in langsamer Geschwindigkeit abfahren müsst: das erste Mal, um es zu pflügen, dann erneut, um zu säen, und ein drittes Mal, um es anschließend mit dem Mähdrescher abzuernten. Das sind einfache Aktionen, allerdings ausgesprochen zeitaufwendige. Gnädiger ist das Spiel beim Handeln. Ihr habt die Wahl: Entweder fahrt ihr für Bestpreise zum Händler oder ihr verkauft die Sachen online, büßt dann aber Profit ein. Solch eine Option wäre auch für die langatmigeren Aufgaben wünschenswert.
Es ist möglich, computergesteuerte Mitarbeiter einzustellen, doch ihr wollt ja bestimmt nicht alles automatisieren. Besser wäre es gewesen, die Fahrgeschwindigkeit künstlich zu erhöhen. Ganz dem Klischee entsprechend dudelt zur Untermalung sanfte Country-Musik im Hintergrund, die aber auch leicht zu ersetzen ist. Enttwickler Ice Flames gewährt euch im Menü die Möglichkeit, sowohl eigene Musik als auch einen Internet-Radiosender auszuwählen. Eine echte Kuriosität wartet indes im Hauptmenü. Es gibt einen simplen Figureneditor, mit dem ihr die Farben eures Farmers einstellen könnt. Es ist sogar möglich, die Hautfarbe zu ändern, doch leider nicht das Geschlecht.
Wieso liegt da Stroh?
So gut Ice Flames sich mit seinem ersten Spiel auch präsentieren mag, das mit Sicherheit der Startschuss einer Reihe mit jährlichen Auskopplungen werden soll, gewisse Kritikpunkte lassen sich nicht übersehen. Wenn Pure Farming 2018 mal so schön aussehen würde wie die umwerfenden Artworks auf den oft lange gezeigten Ladebildschirmen, wäre es ein echter Hingucker. Leider sind nur die Fahrzeuge detailliert gestaltet. Die restliche Spielwelt ist eher sparsam texturiert, selbst die Gebäude sehen lieblos aus. Völlig katastrophal ist gar die Implementierung von Felsen, Hügeln und Bergen, die meist wie unfertige Platzhalterelemente aussehen. Verbesserungsfähig ist ebenfalls die Physik des Spiels, die nicht viel von Kollisionen hält und unwegiges Gelände nicht zu vermitteln vermag. Das kann sogar Cattle And Crop besser.
Im Stadtbereich fahren ein paar Autos herum, es gibt einen dynamischen Tag-und-Nachtwechsel und in der Wildnis fliegen gelegentlich Vögel über die Felder, doch das meiste ist nur Schein: Atmosphärisch und lebendig vermag die Spielwelt auf Dauer nicht zu wirken. Dafür ist vieles zu statisch, wiederholt sich zu mechanisch. Unnötig, aber kein Beinbruch sind hingegen diverse Übersetzungsfehler in den Texten der deutschen Lokalisation.
Mehr Spieler
Geplant, jedoch noch nicht umgesetzt ist der Mehrspielermodus. Die Tatsache, dass man Höfe in mehreren Ländern gleichzeitig besitzen kann, prädestiniert das Spiel eigentlich dazu, sich die Arbeit mit Freunden zu teilen. Auch ist es denkbar, verschiedene Feldarbeiten zu zweit zu erledigen, um so schneller fertig zu werden und größere Ziele zu erreichen. Für den ersten Auftritt hat Ice Flames jedenfalls Beachtliches geleistet. Wir sind gespannt, wie sich das Spiel in den nächsten Monaten entwickeln wird.
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