Test - 5 Gründe, warum du Hades jetzt eine Chance geben solltest : … erst recht, wenn du keine Roguelikes magst
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Wenn es um Roguelikes geht, gibt es nur zwei Meinungen: entweder man liebt sie, oder man hasst sie. Doch Hades mag irgendwie jeder. Nicht wenige Spieler, die mit dem bockschweren Genre, in dem man immer und immer wieder von vorne beginnt, eigentlich gar nichts anfangen können, kürten den Höllenritt von Supergiant Games zu ihrem Spiel des Jahres. Bislang war es ausschließlich auf PC und Switch erhältlich. Anlässlich der Veröffentlichung für Playstation und Xbox werfen wir einen erneuten Blick darauf und klären die Frage, warum jeder ihm eine Chance geben sollte.
Zu welchem Lager gehörst du? Roguelike-Fan oder -Hasser? Was mich angeht: eindeutig Letzteres. Mir sind die Spiele zu schwer, zu hektisch, zu frustrierend. Und das, obwohl ich für das an und für sich nicht unähnliche Souls-like-Genre grundsätzlich Feuer und Flamme bin. Doch dann kam Hades und erwarb sich den Ruf, selbst Roguelike-Muffel zum -Liebhaber bekehren zu können. Man soll ja immer offen für Neues sein, also gab ich ihm eine Chance. Und möchte euch an der Begeisterung teilhaben lassen. 5 Gründe, warum du Hades spielen solltest.
Grund 1: irrsinnig gute Spielbarkeit
Der erste Grund klingt zunächst regelrecht trivial: seine absolut irrsinnig, abartig, fantastisch, beängstigend gute Spielbarkeit. Das mag im ersten Moment Stirnrunzeln erzeugen, sollte doch eine gute Spielbarkeit eher die Grundvoraussetzung für ein jedes Spiel sein und nicht sein Aushängeschild. Doch Hades zeigt auf beeindruckende Weise, wie plump die Steuerung in den meisten anderen Spielen bei genauerer Betrachtung doch ausfällt und dass es lichtjahreweite Unterschiede zwischen einem guten und einem perfekten Spielgefühl gibt.
Hades fühlt sich einfach unfassbar grandios an. In jedem Sekundenbruchteil ist man als Spieler Herr der Lage. Und das muss man auch sein. Denn Hades ist ein irrsinnig schnelles Spiel. Eigentlich hasse ich schnelle Spiele. Meine Reflexe sind nicht mehr in dem Alter, in dem sie daran Vergnügen entwickeln, im Bruchteil einer Sekunde zum exakt richtigen Augenblick zu reagieren. Doch Hades spielt man irgendwann nur noch wie im Rausch. Da gibt es kein Denken mehr, kein überlegtes Vorgehen, kein bewusstes Handeln. Der Verstand schaltet sich irgendwann komplett ab, agiert und reagiert nur noch.
Gelegentlich erwache ich während des Spielens für einen kurzen Moment wie aus einem Traum und kann nicht glauben, was ich da sehe: dass ich das angeblich bin, der hier gerade in halsbrecherischem Tempo kreuz und quer über den Bildschirm saust, ohne zu überlegen, rein mechanisch, gleichzeitig Schläge austeilt, ausweicht, auf die andere Seite prescht und im Vorbeigehen noch eine Bombe wirf und es so scheint, als wüsste ich genau, was ich da tue, wo doch längst eine zuvor unbekannte Ecke im hintersten Dunkel meines Unterbewusstseins sämtliches Handeln wie in Trance übernommen hat.
Grund 2: epische Story in saucooler Präsentation
Selbst wer mit Roguelikes nichts anfangen kann, muss schon nach kürzester Zeit zugeben: Der Stil von Hades ist schon verdammt cool! Nicht nur der Graphic-Novel-Look, in dem die Götter und Halbgötter der griechischen Sagenwelt als Comicfiguren dargestellt werden, oder die butterweich animierten Gegner wie aus einem Zeichentrickfilm. Vor allem die Inszenierung der unzähligen Kleinigkeiten reißt unnachgiebig mit: Bei jeder Spezialfähigkeit, die man sich einverleibt, macht es Bling und Spratz, sprühen die Funken und brummt der Controller. Auf Screenshots mag Hades beliebig und simplistisch aussehen - wer es in Aktion erlebt, wird vom ihm regelrecht aufgesaugt.
Und dann ist da noch die Geschichte, die streng genommen eigentlich nicht so richtig was zu erzählen hat, aber gerade deshalb so blendend unterhält. Im Grunde geht es lediglich darum, dass ihr als Halbgott Zagreus aus der griechischen Unterwelt zu entkommen versucht, während euch die eine Hälfte der Götter daran hindern will und die andere Hälfte euch unterstützt.
Das Unterhaltsame daran ist viel eher, wie sich daraus nach und nach eine Fantasy-Seifenoper am höllischen Hofe entspinnt. Denn nach jedem missglückten Fluchtversuch erwacht ihr dort erneut. Logisch: wer stirbt, landet in der Unterwelt – selbst wenn man dort eigentlich schon ist. Bevor ihr euren nächsten Versuch antretet, unterhaltet ihr euch mit dem dort versammelten Volk: sinniert mit eurem Vater über das angespannte Familienverhältnis, hebt mit einer Muse einen Drink an der Bar (bevor ihr sie später im Bosskampf wieder vermöbelt), lasst euch von eurem Freund Hypnos für eure vergeblichen Mühen verspotten und intrigiert mit eurer Stiefmutter Nyx gegen die Alleinherrschaft von Höllenfürst Hades. Selbst nach dem 100. Durchgang spinnen die pointiert geschriebenen Dialoge noch immer die Geschichte fort und sorgen dafür, dass man nie das Gefühl hat, immer wieder von vorne zu beginnen, sondern stattdessen einer Geschichte folgt, die sich stets weiterentwickelt.
Grund 3: jede Belohnung bringt dich weiter
Das Wichtigste für dieses Gefühl ist aber, dass man aus jedem Run kleine Belohnungen mitnimmt, die zwar nur minimale Verbesserungen in lediglich homöopathisch spürbaren Dosen bewirken, aber immer genau im richtigen Moment einen großen Durchbruch bescheren, wenn man schon kurz vorm Verzweifeln ist. Eine neue Waffe, eine neue Spezialfähigkeit, irgendwann sogar zusätzliche „Leben“ pro Run oder die Möglichkeit, einen heilenden Brunnen auf halber Strecke zu platzieren oder die Auswahl beim Händler zu vergrößern.
Vor allem sind es aber die unzähligen zufälligen Boni während des Spiels, die so genial gebalanced sind, dass man selbst nach etlichen Spielstunden noch regelmäßig aufs Neue überrascht wird, wenn Fähigkeiten, die man gedanklich eigentlich längst als nutzlos abgehakt hatte, plötzliche ihre volle Kraft offenbaren.
Hierzu kurz als Erläuterung: Jeder Run in Hades ist in einzelne „Räume“ gegliedert, die prozedural berechnet wie Dominosteine aneinandergereiht werden und jeweils von Gegnern „geklärt“ werden müssen, bevor man zum nächsten weiterziehen darf. Für jeden absolvierten Raum darf sich euer Charakter einen Bonus aus einer zufälligen Auswahl von göttlichen Gaben für den aktuellen Run aussuchen. Instinktiv wählen Ottonormalspieler, wie ich, in der Regel solche Boni, die einen direkt erkennbaren Vorteil verschaffen: also ein bisschen mehr Angriffsstärke, mehr Gesundheit, zusätzlicher Giftschaden und so was. Tendenziell greift man eher ungern zu exotischen Fähigkeiten wie eine minimal höhere Droprate auf bestimmte Gegenstände, eine 3% größere Chance auf kritische Treffer oder niedrigere Preise bei Händlern.
Aufgrund des zufällig ausgewürfelten Angebots an Boni hat man aber nicht immer die uneingeschränkt freie Wahl und muss immer wieder in den sauren Apfel beißen und eine Fähigkeit nehmen, die dem eigenen Spielstil nicht in den Kram passt. Regelmäßig kommt so das Gefühl auf, sich für diesen Run völlig verskillt zu haben, weil die gewählten Boni unnütz klingen oder die gewählten Skills scheinbar nicht zusammenpassen.
Doch das genaue Gegenteil ist der Fall! Die Entwickler haben die einzelnen Fähigkeiten so fein aufeinander abgestimmt, dass ungünstig scheinende Kombinationen von Boni plötzlich eine unerwartete Liaison bilden und sich ein vermeintlich komplett vermurkster Charakter als völlig overpowered erweist. Nicht selten wird ein schon verloren geglaubter Run unverhofft zum bisher besten überhaupt.
Grund 4: jeder Run ist wie ein eigenes Spiel
Das führt uns direkt zum nächsten Thema: Denn durch seinen extrem hohen Variantenreichtum fühlt sich Hades eben nicht so an, als fange man mit jedem Run wieder ganz vorne an und spiele immer und immer wieder das Gleiche. Viel eher wirkt jeder Durchlauf wie der nächste Level in einem sich stets weiterentwickelnden Spiel.
Zu diesem Eindruck trägt nicht nur die hohe Zahl an zufällig ausgewählten Räumen, Boni und Zwischenbossen bei, sondern vor allem auch, dass euch die Entwickler ständig mit neuen Einfällen überraschen, wenn ihr schon denkt, jetzt aber wirklich so langsam alles gesehen zu haben: Da werden Bosse auf einmal durch neue Varianten ausgetauscht, trefft ihr auf neue Händler, die mächtige Artefakte verkaufen, oder erhaltet eine neue Waffe, die völlig neue Vorgehensweisen möglich macht.
Wer Roguelikes grundsätzlich nur mit dem Adjektiv „bockschwer“ in Zusammenhang bringt, der wird auch irgendwann anerkennend feststellen, wie elegant ausgewogen die Schwierigkeitskurve ausfällt. Während es anfangs eine ganze Weile dauert, bis der erste Boss mal endlich auf die Bretter geschickt ist, fällt der Weg durch das anschließende Lava-Level im Verhältnis dazu relativ kurz aus, bis man sich dann am Doppel-Boss der dritten Welt, einem idyllischen Elysium, wieder ein paar Male die Zähne ausbeißt – aber dann irgendwann doch feststellt, dass er durchaus machbar ist, sobald man mal die Grundmuster seiner Moves verinnerlicht hat.
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Und irgendwann kommt das befriedigende Gefühl hinzu, wenn man sich durch die frühen Abschnitte, an denen man anfangs schier verzweifelt ist, nur noch wie im Blindflug durchmetzelt und sie nicht mehr als Herausforderung wahrnimmt, sondern im Gegenteil als Gelegenheit, sich an seinen Gegnern fürs Endgame aufzupumpen wie ein Bodybuilder mit Steroiden.
Grund 5: jetzt auch als Box-Version für PS5, PS4 und Xbox
Hades erscheint am 13. August beim Take-2-Label Private Division für Playstation und Xbox digital und als physische Version. (Eine Switch-Retail ist schon seit Längerem erhältlich. Die PC-Version gibt es weiterhin nur digital.) Den neuen Boxeditionen liegt zudem ein Download-Code für den Soundtrack bei. Das großpurig angekündigte Artbook besteht jedoch lediglich in einem knappen Heftchen mit Bildern der illustren Charaktere. Die Erstauflage wird darüber hinausmit einem Spezial-Cover mit glänzender Metallfolie für Fans und Sammler ausgestattet. Prädikat: Wer's braucht ...
Für alle Playstation- und Xbox-Versionen versprechen die Entwickler flüssige 60 FPS – auf PS5 und Xbox Series X|S in vollen 4K, auf PS4 und Xbox One immerhin in Full-HD, was kaum nennenswerte Unterschiede macht. Wer erst später auf die neue Konsolen-Generation umsteigt, erhält mit den Last-Gen-Versionen die Möglichkeit zum späteren kostenlosen Upgrade. Für Xbox und PC ist das Spiel sogar im Game Pass enthalten. Außerdem sei noch hinzugefügt, dass selbst die schon länger erhältliche Switch-Fassung absolut fantastisch läuft, jedoch erkennbare Abstriche bei Farbtiefe, Detailfülle und Kantenglättung in Kauf genommen werden müssen, die aber nur dann merklich auffallen, wenn man auf einem sehr großen Fernseher spielt oder die Brillanz der anderen Versionen kennt.
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