Preview - Darksiders 3 : Leute, wir müssen reden. Über Dark Souls. Mal wieder
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Wie tickt eigentlich so ein Reiter der Apokalypse? Warum steht er morgens auf und geht zur Arbeit? Eine Arbeit, die wohlgemerkt die Vernichtung der gesamten Schöpfung zum Ziel hat. Das war die zunächst etwas ungewöhnlich klingende Ausgangsfrage, mit der sich die Entwickler von Darksiders 3 der Motivation der neuen Heldin näherten: Fury, von Beruf: apokalyptische Reiterin.
In Teil 1 der Darksiders-Reihe wurde Krieg (War) das Opfer einer teuflischen Intrige. In Teil 2 machte sich sein Bruder Tod auf die Suche nach ihm im Bestreben, seinen Namen reinzuwaschen. Und Fury? Geht das alles ziemlich am A* vorbei. Sie will einfach nur ihren Job machen Und der besteht darin, der Welt den Untergang zu bringen.
Dass wir Darksiders 3 überhaupt erleben dürfen, ist ein reiner Glücksfall. Nach der Pleite von Publisher THQ wurde Entwickler Vigil Games geschlossen. Nordic Games sicherte sich jedoch die Markenrechte – nicht nur die von Darksiders, sondern auch die drei Buchstaben des Publishers. Heute heißt er THQ Nordic und macht Darksiders 3. Und das ist gut so.
Markenzeichen eines jeden Darksiders-Teils ist der Held – in diesem Fall eine Heldin. Fury unterscheidet sich in wesentlichen Punkten von ihren Brüdern. Sie ist weniger akrobatisch unterwegs als Tod und weniger rüpelhaft als Krieg, dafür umso eleganter. Ihre einzige Waffe ist eine Peitsche. Diese werdet ihr im Spielverlauf mit immer neuen Moves und Fähigkeiten verbessern. Im Grunde ist die Peitsche eine Art Rollenspiel-Charakter in sich.
Ansonsten laufen die Kämpfe ab, wie man es weitgehend von den Vorgängern oder ähnlich gearteten Spielen wie Devil May Cry, God of War oder Bayonetta gewohnt ist. Schläge, Tritte, tollkühne Wirbel durch die Luft und Schmetterattacken aus dem Sprung heraus. Alles wahnsinnig schnell und voller Kombos, die der taktisch versierte Spieler einstudieren muss.
Der besondere Kniff: Fury kann verschiedene Gestalten annehmen, die ihr unterschiedliche Fähigkeiten im Kampf verleihen, aber auch bei den Rätseln zum Einsatz kommen. Beispielsweise ist sie in der Lage, ihren Körper in Flammen zu setzen, und kann so nicht nur mächtige Feuerangriffe austeilen, sondern auch Wände aus Spinnweben verbrennen, die den Weg blockieren. In anderer Form wiederum führt sie einen mächtigen Hammer, der nicht nur massiven Schaden anrichtet, sondern auch brüchige Wände zum Einsturz bringt und so Zugang zu Bereichen gewährt, die sonst verschlossen blieben.
Die Action von God of War, die Rätsel von Zelda
Was Darksiders stets auszeichnete, war eine Reihe von Säulen, auf denen es ruhte und von dort so manchen Konkurrenten überragte.
Erstens: Der unnachahmliche Comicstil, dem man ansah, dass er nicht einem geringen Produktionsbudget geschuldet war, wie sonst häufig der Fall, sondern mit Studiogründer und Comiczeichner Joe Madureira einen Meister seines Fachs hinter sich hatte, der Comiclook einfach kann und nicht bloß als Ausrede nutzt. Darksiders 3 folgt dieser Tradition im besten Sinne, sieht zwar bei Weitem nicht so spektakulär aus wie ein God of War oder das demnächst ebenfalls erscheinende Devil May Cry 5, profitiert aber im Vergleich zu den Vorgängern nochmal stark von der aktuellen Konsolengeneration durch hübschere Effekte und weniger Kanten an den Oberflächen.
Zweitens: Das biblische Apokalypse-Setting mit gefallenen Engeln und teuflischen Mächten, das in Darksiders 3 wieder deutlich mehr an Teil 1 erinnert. Die markanten Straßen zwischen Großstadtruinen und U-Bahnschächten bilden auch im Nachfolger den Einstieg ins Spiel, führen dann aber nach einer Weile tiefer in die Erde hinab, in Schächte, deren Wände komplett mit Insekteneiern übersät sind, finstere Katakomben, in der man ohne Flammenkopf die Hand vor Augen nicht sieht (an dieser Stelle ein erstes zaghaftes Hallo an Dark Souls), oder eine feurige Lavahöhle, die das Tor zur Hölle bilden könnte. Die Bosse, die ihr als Fury jagen und legen sollt, heißen unter anderem Neid, Gier, Maßlosigkeit, sind also an die sieben Todsünden des christlichen Katechismus angelehnt
Drittens: Die unnachahmliche Mischung aus Kämpfen und Rätseln, die nicht das eine zum Anhängsel des jeweils anderen macht, sondern beide gleichberechtigt nebeneinander stellt. In den Abschnitten des Spiels, die wir bereits spielen durften, gab es hierfür explosive Käfer, die wir zunächst zu Pfützen aus brennbarer Flüssigkeit locken mussten, wo sie sich mit dem explosiven Gemisch vollsaugen, damit wir sie wie tragbare Bomben aufnehmen können und zum Beispiel auf Spinnweben werfen, die uns den Durchgang versperren.
Wie in seinen Vorgängern bestechen die Rätsel in Darksiders 3 dadurch, dass die zugrundeliegenden Mechaniken relativ simpel gestrickt sind, aber im Folgenden in immer komplexeren Situationen aufgehen. So müssen wir später Abkürzungen zwischen den Wegen öffnen, um mehrere Käfer aus unterschiedlichen Abschnitten des Levels zur selben Pfütze zu geleiten, um auf diese Weise die Sprengkraft zu erhöhen. Darksiders-Rätsel sind nicht bloße Content-Lückenfüller, die ein wenig Ruhe und Entspannung zwischen die Action bringen sollen, sondern richtige Kopfnüsse, denen auf das „Hä? Was soll ich tun? Das geht doch gar nicht!“ irgendwann der „Aha!“-Effekt folgt.
Wir müssen über Dark Souls reden. Mal wieder
Diese Mischung aus Action und Rätseln haben den Darksiders-Spielen in der Vergangenheit stets den Ruf eines Zelda mit God-of-War-Action eingebracht. Vor allem Teil 2 zelebrierte diese Liaison mit einer riesigen Spielwelt, in der man allein schon mehrere Stunden in jedem einzelnen der Zelda-artigen Tempeln verbringen konnte, wo es komplexe Mechanismen zu durchschauen galt, durch die sich die Architektur des Labyrinths nach und nach erschloss.
Darksiders 3 wird von dieser Struktur wieder etwas abweichen und stattdessen irgendwo in der Mitte liegen zwischen der gigantischen Offenheit von Teil 2 und dem etwas linearer aufgebauten ersten Teil. Das grundlegende Prinzip bleibt jedoch unangetastet. „Darksiders 3 wird weniger Zelda, dafür mehr Metroid“, erklären die Entwickler. Oder nennen wir das Kind doch einfach beim Namen: Dark Souls.
Ja, es tut mir Leid, wir müssen mal wieder über Dark Souls reden. Wie gefühlt bei jedem zweiten Spiel, das wir dieser Tage vorgesetzt bekommen. Egal ob beim Kampfsystem von Assassin's Creed Origins und God of War, bei den Online-Invasionen von Doom Eternal oder all den Titeln wie Nioh und Immortal Unchained, die das „inspired by“-Schildchen mehr als offensichtlich auf der Brust tragen, die Einflüsse des bahnbrechenden From-Software-Titels durchziehen gerade die Spielelandschaft wie ein omnipräsenter langer roter Faden. Und bei Darksiders 3 umso auffälliger.
Nicht beim Kampfsystem. Das entspricht wie gesagt weitgehend dem Kombo-Button-Mashing aus der Devil-May-Cry-Entourage der Vorgänger. Stattdessen aber bei (fast) allem anderen. Heißt: Wenn Fury stirbt, wird sie am letzten Checkpoint wiederbelebt. Alle Gegner aber auch. Besiegte Gegner hinterlassen Seelen, die gegen Level-ups und Gegenstände beim Händler eingetauscht werden können, im Falle eines Todes aber verloren gehen. Genau wie bei Dark Souls heißen sie sogar „Seelen“, was aber im biblischen Kontext von Darksiders durchaus Sinn ergibt.
Als großer Dark-Souls-Fan feiere ich diese Entwicklung auf der einen Seite. Denn im Grunde kann jedes Spiel nur davon profitieren, wenn es sich Inspiration bei dem epochalen From-Software-Meisterwerk holt. Als Darksiders-Fan bin ich aber gleichzeitig skeptisch, ob es die Serie nötig hat, im immerhin schon dritten Teil so schlagartig die Richtung zu wechseln.
Denn auf der anderen Seite nimmt die Flut der Spiele, die vom unaufhaltsamen Strom der Souls-like-Fahrwasser mitgerissen werden, derzeit in einem Maße zu, dass sie auf Dauer nur verwässernd wirken können. Tatsache ist nämlich auch, dass der Erfolg von Dark Souls nicht einfach nur auf Faktoren wie seiner Checkpoint-Spielmechanik, dem Schwierigkeitsgrad, Kampfsystem und Level-Design fußt, sondern auf der zugrundeliegenden Philosophie, die all diese Facetten ineinander aufgehen lässt. Dass aber genau dieses Ineinanderaufgehen unterschiedlicher, ja, fast schon gegensätzlicher Spielelemente stets die Spezialität der Darksiders-Spiele war, stimmt mich wiederum zuversichtlich.
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