Test - Anstoss 2007 : Anstoss 2007
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Dass die Dossiers selbst bei gestandenen Top-Teams mit Spielernamen beschriftet sind, die man bestenfalls im Trikot eines heruntergewirtschafteten Oberligisten vermuten würde, ist typisch für die 'Anstoss'-Serie, die auch in ihrer aktuellen Version über keinerlei Lizenzen der entsprechenden Fußballverbände verfügt. Denn während beim 'FM 06' der FC Bayern München, Chelsea London und Inter Mailand um Europas Fußballthron kämpfen, übernehmt ihr bei 'Anstoss 2007' lediglich das Kommando über Teams wie München, Madrid oder Manchester. Ein echter Stimmungskiller, der ordentlich auf die Spielspaßbremse drückt. Das Spiel sieht zwar noch immer aus wie ein authentischer Fußballmanager, fühlt sich aber nicht so an. Um richtig in die Welt des Profifußballs einzutauchen, will der gemeine Fan eben Schwedens bulligen Sturmtank Zlatan Ibrahimovic verpflichten und nicht mit dessen verstoßenem Zwillingsbruder "Giuseppe Silvestri" Vorlieb nehmen müssen. Horrende Lizenzkosten hin oder her!
Das Highlight: der TransfermarktRichtig gut gelungen ist der Gütersloher Spieleschmiede, die in diesen Tagen ihr fünfzehnjähriges Firmenjubiläum feiert, dagegen der Managerpart des Spiels. Ihr feilscht mit eurem Präsidenten über den Etat für die kommende Spielzeit, verhandelt mit potenten Sponsoren, erschließt den ostasiatischen Raum mit Marketingtourneen und buttert Millionen in die Erweiterung des geliebten Stadions. Zudem darf sich das Spiel die Auszeichnung für die derzeit beste Transferlogik an die virtuelle Brust heften. Die Verhandlungen über potentielle Neuzugänge orientieren sich spürbar an der Realität und erstrecken sich jetzt über mehrere Verhandlungsrunden, in denen ihr euch Schritt für Schritt euren Geschäftspartnern nähert. In der ersten Verhandlungsrunde legt ihr zunächst die Rahmenbedingungen, wie etwa die dem Neuzugang zugedachte Rolle innerhalb der Mannschaft, fest und lasst erst beim nächsten Treffen nackte Zahlen sprechen. Dabei wägen die Spieler stets das Für und Wider eures Vereins ab. Die Stimmung im Club, die Aufstiegschancen und das Vereinsrenommee sind für manche Kicker ebenso wichtig wie ein dicker Gehaltsscheck. Hätte Ascaron noch ordentliche Leih- und Tauschgeschäfte implementiert, das Transfersystem wäre nahezu perfekt. Zumal die tatsächliche Spielerstärke der im Ausland kickenden Profis immer erst durch die vereinsinterne Scouting-Abteilung eruiert werden muss. Klasse!
Die wichtigste Genreneuerung verschlafen?Ob der vermeintlich hochkarätige Neuzug einschlägt, zeigt sich dann spätestens am kommenden Spieltag. Ascaron konzentriert sich dabei erstmals einzig und alleine auf eine Spieldarstellung im – zugegebenermaßen sehr guten – Textmodus, verschläft dadurch aber umgekehrt die wahrscheinlich wichtigste Weiterentwicklung des Genres seit der Einführung des Taktiktischs. Im Streben nach einer möglichst realistischen Umsetzung des Trainerberufs ist es unerlässlich, dem Spieler die Möglichkeit einzuräumen, das vergangene Match zu analysieren und aus den Ergebnissen seine Schlüsse zu ziehen. Welcher Kicker hat die größten Laufwege zurückgelegt, wer hat die besten Zweikampfwerte, an welchen Stellen bröckelt das Abwehrbollwerk und wie findet sich der Mittelfeldakteur auf der für ihn ungewohnten Position des rechten Verteidigers zurecht? Fragen, auf die euch 'Anstoss 2007' keine Antwort gibt. Einmal von der Einzelbenotung am Ende des Matches abgesehen, erhaltet ihr nahezu kein Feedback über die Leistung eures Teams. Ganz klar: Das vom 'Fussball Manager 06' im letzten Jahr eingeführte Match-Analyse-Tool im Verbund mit dem ordentlichen 3D-Modus mag zwar noch nicht perfekt sein, es ist mittelfristig aber auf jeden Fall die Zukunft!
Was es sonst noch zu berichten gibtAbgerundet werden die negativen Seiten des Spiels schließlich durch die bestenfalls randgruppentauglichen Sprachsamples, die euer Alter Ego bei Ablöseverhandlungen zum Besten gibt, die hässlichen Comic-Spielergesichter sowie eine Flut an größeren und kleineren Bugs, die es so auf keinen Fall in eine Verkaufsversion hätten schaffen dürfen. Fehlerhafte Spielpläne, Abstürze im Wochenablauf und Spieler, die nach Vertragsende weiterhin für ihren Verein die Fußballstiefel schnüren, sind nur drei von unzähligen Beispielen. Dass 'Anstoss 2007' trotzdem noch mit einem blauen Auge unser Testlabor verlässt, liegt an den vielen kleinen Features, deren spielerischer Wert bisweilen zwar gering sein mag, die aber trotzdem zur Atmosphäre beitragen. Ihr absolviert jährlich eine Trainerscheinprüfung, sabotiert euren nächsten Gegner, nehmt an Verbandstagungen teil und schlagt euch bei den Vorstandswahlen im Verein auf die Seite eures Präsidenten oder unterstützt dessen ehrgeizigen Herausforderer. Außerdem neu: Ein Netzwerkmodus, bei dem ihr mit drei weiteren Spielern auf Trophäenjagd gehen dürft. Das neue Feature wird aber teuer erkauft. Der Hotseat-Modus, bei dem bis zu vier Freunde gleichzeitig an einem PC spielen konnten, fiel dem grausamen Rotstift der Entwickler zum Opfer. Unverständlich!
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