Test - The Surge 2 : Endlich! Frustfreies Souls
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Wie könnte unsere Welt aussehen, wenn der Klimawandel voll zuschlägt? Deck 13 zeichnete vor zwei Jahren mit The Surge das Bild einer schwer technologisierten Dystopie, die immer mehr aus dem Ruder gerät. Konnten wir damals noch das Schlimmste verhindern, so ist die Katastrophe natürlich längst nicht abgewendet: Vorhang auf für The Surge 2.
The Surge 2 beginnt mit einem interessanten Gedankenspiel, vorgetragen von einem jungen Mädchen: Können Maschinen wirklich besser sein als Menschen? Oder müssen sie nicht zwangsläufig die gleichen Fehler wie ihre Erschaffer in sich tragen?
Parallel dazu seht ihr die Utopia-Rakete, wie sie am Ende von The Surge gen Himmel fliegt. Wir erinnern uns: Sie ist voll bestückt mit Nanobots, um der unaufhaltsam voranschreitenden globalen Erwärmung gegenzusteuern. Weil jedoch eine volle Ladung für einen Großteil der Menschheit den sicheren Tod bedeutet hätte, mussten wir das gefährliche Projekt im Vorgängerspiel bestmöglich sabotieren.
Leider konnten wir den Start der Rakete nicht komplett verhindern, weshalb sie unwiderruflich in der Erdatmosphäre explodiert. Im gleichen Moment fliegt ein Flugzeug vorbei, wird von einem Trümmerteil getroffen und stürzt am Rande der nahe gelegenen Stadt Jericho City ab.
Auf der Suche nach der Story
Ihr übernehmt die Rolle des mutmaßlich einzigen Überlebenden, der völlig ahnungslos in der Krankenstation eines Gefängnisses aufwacht. Zunächst noch völlig kraftlos, erlangt ihr nach kurzer Zeit ein Exo-Rig und seid mit der gleichen Power ausgestattet, die euch bereits in The Surge zur Verfügung stand.
Auch ansonsten ist eure anfängliche Situation recht ähnlich: Ihr müsst zunächst herausfinden, was überhaupt passiert ist. Erst nach einigen Spielstunden klären sich die ersten Fragen, während sich eure Ziele immer weiter konkretisieren. Die Geschichte bleibt die meiste Zeit im Hintergrund und wirkt sogar noch distanzierter als im Vorgänger. The Surge 2 fokussiert sich voll und ganz auf sein Action-Rollenspiel-Gameplay, dessen Story in erster Linie Mittel zum Zweck darstellt und primär die vielen verschiedenen Bereiche von Jericho City zusammenhält.
Ein kleines Highlight möchten wir trotzdem noch andeuten, das euch ganz am Ende erwartet. Nur so viel: Wer den finalen Boss bezwingt und anschließend das obligatorische New Game Plus startet, der wird von einem sehr coolen und erzähltechnisch interessant gestalteten Neustart überrascht.
Kämpfen wie gehabt
Bei eurem Streifzug durch die Spielwelt begegnet ihr ständig verrückt gewordenen Plünderern, durchgedrehten Drohnen oder skrupellosen Soldaten, die mit Gewalt die Stadt in Quarantäne halten. Zum Glück stehen euch dank des Exo-Rigs allerlei schlagkräftige Waffen und robuste Rüstungen zur Verfügungen, mit denen ihr euch zur Wehr setzen könnt.
Das zentrale Kampfsystem des Vorgängers, dank dem ihr bei einem Großteil eurer Gegner Kopf, Arme, Beine oder Brustkorb anvisieren dürft, ist ebenfalls erhalten geblieben. Trägt euer Gegenüber eine Ausrüstung, die euch noch fehlt, dann könnt ihr sie durch das fein säuberliche Abtrennen des zugehörigen Körperteils ergattern. Genau genommen erhaltet ihr beim ersten Mal einen Bauplan und müsst anschließend die notwendigen Komponenten erbeuten, wofür ihr einfach fleißig weiter schnetzelt.
Die universelle Währung des Spiels ist das sogenannte Tech-Scrap, vergleichbar mit den Seelen in Dark Souls, das ihr zum Bau von Waffen sowie Rüstungen benötigt. Darüber hinaus dient es zum Verbessern eures Exo-Rigs, damit ihr mit mehr Lebensenergie, einer höheren Ausdauer und einer bessern Akkuleistung durch die Gegend stiefelt.
Die gute Nachricht: An diesem Konzept und einem Großteil seiner Umsetzung gibt es nichts auszusetzen, weil es praktisch genauso gut wie im ersten Teil funktioniert. Die schlechte Nachricht: Genau deshalb könnte das Spiel so manchen Kenner des Vorgängers unterfordern, weil er bereits dessen Tricks und rudimentäre Taktiken kennt.
Schlagen, Heilen, Repeat
Zu den wenigen zentralen Veränderungen des Spielkonzepts zählt das Heilsystem: Genau wie im Vorgänger benötigt ihr spezielle Implantate, mit denen ihr euren Exo-Rig ausstattet. Ein passendes Implantat gewährt euch mehrere Heil-Injektionen, mit denen ihr euch jeweils einmal regenerieren dürft.
Euer Vorrat an Injektionen wird nun nicht wie beim Vorgänger oder den vielen Dark-Souls-ähnlichen Vorbildern aufgefüllt, indem ihr zum nächstbesten Kontrollpunkt stiefelt. Stattdessen müsst ihr Gegner bekämpfen, um euren Akku aufzuladen. Ist ein Balken voll, dann könnt ihr die Energie entweder zum Abtrennen eines Körperteils einsetzen oder in eben eine dieser Injektionen umwandeln.
Was sich auf dem Papier eigentlich ganz pfiffig anhört, sorgt in der Praxis für ein Problem: Das System lässt sich viel zu leicht ausnutzen, weshalb ihr euch beim Kämpfen kaum anstrengen müsst. In vielen Fällen ist es nämlich völlig ausreichend, blind zum Gegner zu laufen und ihm ein paar Schläge zu verpassen. Daraufhin erhaltet ihr zwar mit einer großen Wahrscheinlichkeit einen Gegentreffer. Jedoch ladet ihr gleichzeitig wie beschrieben euren Akku auf, pfeift euch eine frische Heil-Injektion rein und das Spielchen beginnt von vorne.
Diese Vorgehensweise klappt selbst bei den meisten Endbossen, was das akribische Beobachten von gegnerischen Angriffsmustern und das Austüfteln individueller Gegenmaßnahmen beinahe bedeutungslos macht. Es sei gleich hinterher gesagt: Das Kämpfen und Abschneiden von Körperteilen ist trotz alledem motivierend, allein weil die Masse an Rüstungen sowie Waffen immens gestiegen ist und somit den Sammelspaß fördert. Zudem gibt es im Vergleich zum Vorgänger bedeutend mehr Gegnerarten und die Endbosse sind zumindest optisch kreativ designt.
Ihr müsst euch eben bewusst sein, dass man in The Surge 2 mit wenigen Mitteln überraschend schnell vorankommt und das Spiel weit von den knackig frustrierenden Herausforderungen eines Dark Souls oder Sekiro entfernt ist.
Eine perfekte Welt für Forscher
Dafür ist das Spiel- und Weltendesign eine Klasse für sich, weil Deck 13 hier die Stärken seines Vorgängers gekonnt ausbaut und nahezu jeden Makel ausmerzt. Jericho City ist viel größer und vor allem viel abwechslungsreicher als der alte CREO-Komplex, weshalb es unzählige Abkürzungen und geheime Räume zu entdecken gibt. Zudem wirbeln gegen Ende mehrere Ereignisse einen Großteil der bereits durchforsteten Gebiete durcheinander, weshalb sich ein erneuter Streifzug lohnt.
Die einzige kleine Schwäche des Designs bilden die vielen Nebenquests, die ihr von den wenigen freundlichen Bewohnern erhaltet. Diese sind unterm Strich sehr trivial gehalten und beschränken sich oft auf das Finden von Objekten, die ihr eher nebenbei abstaubt anstatt ihnen gezielt nachgeht.
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