Special - Spielesucht und Schicksale : Wenn Videospiele das Leben bestimmen
- Multi
So wie Alex geht es einigen Männern Mitte bis Ende Zwanzig, zumindest wenn man das Berliner Projekt "Lost in Space" als Beispiel heranzieht. In einem Gespräch mit den Kollegen von berlin.de kommen sowohl der Leiter des Projekts Jannis Wlachojiannis zu Wort, als auch Bernd Sobottka, leitender Psychologe in der AHG Klinik Schweriner See.
Im Schnitt seien die Betroffenen der Klinik und des Berliner Projekts zwischen 23 und 30 Jahren alt. 90 Prozent der dortigen Betroffenen sind männlich. Laut ihnen ist die Gefahr nicht die gespielte Menge an Videospielen oder gar die Dauer, sondern vielmehr der Ausgleich, den sich Videospieler suchen müssen. Verzichtet man auf soziale Kontakte außerhalb des Internets, besteht die Gefahr der Vereinsamung. Geht man seinem geregelten Tagesablauf nach, geht arbeiten, besucht Freunde, nutzt seine Freizeit nicht nur für Videospiele, dann sind auch abendliche Zockeinlagen kein Problem – wie so oft im Leben geht es um die Balance.
Timo ist das Gegenteil von Alex, zumindest was seine aktuelle Lebensposition angeht. Er ist Anfang 30, lebt mit seiner Frau und seinen zwei Kindern in Berlin und arbeitet in einer Bank. Keine leitende Position, aber er geht gerne zur Arbeit. Aufgewachsen ist er in den 90er Jahren mit einem SNES und einem eigenen PC. Counter-Strike ist es, was ihn zu den ersten LAN-Partys brachte, was ihn Stunde um Stunde um Stunde beschäftigte und ihn in seiner Jugend komplett einnahm. "Anfangs einige Stunden, dann nahezu Tage am Stück. Schule versemmelt, weil zu viel Counter-Strike! Das war mein Leben. Also Leben in Anführungszeichen. Heutzutage habe ich das besser unter Kontrolle!"
Wie sein Sinneswandel kam, wollen wir wissen: "Irgendwann war mir klar, dass ich meinen Arsch hochkriegen muss. Wir leben in einer Leistungsgesellschaft und in dieser ist es vollkommen egal, wie gut du in Counter-Strike bist oder wie gut deine Fähigkeiten am Controller sind. Das ist nur von Interesse, wenn du den Weg eines Profispielers gehen willst, den aber nur ein Bruchteil der Leute gehen kann. Heutzutage gibt es ja durch Live-Streams und Co. weitaus mehr Möglichkeiten, um mit Videospielen sein Geld zu verdienen. Das war damals nicht so gegeben, weshalb mir klar wurde, dass ich eine klassische Ausbildung machen sollte. Ich spiele zwar noch immer sehr intensiv, meist Abends so zwei bis fünf Stunden, aber solange ich Familienleben, Beruf und Spiele unter einen Hut bringen kann, solange sehe ich da keine Gefahr!", so Timo.
"Wenn die PC-Nutzung das Leben dominiert und dadurch psychische, körperliche und soziale Beeinträchtigungen entstehen, dann sehen wir eine Krankheitswertigkeit", erklärt Psychologe Sobottka gegenüber berlin.de. Und genau so war es damals bei Timo und ist es heute noch bei Alex.
Kommentarezum Artikel