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Special - Kolumne: Yumm, Yumm! : Was in Spielen auf der Speisekarte steht

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Vorurteil-Alarm: Gamer sind fett, weil sie zu viel essen und dabei auch noch Fast Food präferieren. Videospiel-Charaktere wiederum sind in der Regel schlank, muskulös und fit. Ob's an der Ernährung liegt? Redakteurin Viola Tensil geht den kulinarischen Besonderheiten von Games auf den Grund.

Ich hatte neulich das Vergnügen, mal wieder an einem echten Arcade-Automaten zu stehen und eine Runde Pac-Man zu zocken. Hach, so ein Ding im eigenen Wohnzimmer, das wär was Feines. Denn mal ehrlich: Kein Gamepad dieser Welt kann es mit den ausgeleierten Buttons und diesem fast unbeweglichen Joystick an einem Automaten aufnehmen. Aber das ist es gar nicht, worauf ich hinauswollte. Während ich mich also *wakka wakka* durch den Level futtere, fange ich an, über die Integration von Essen in Videospielen zu sinnieren. 

Was zum Geier sind das eigentlich für weiße Kugeln, die Pac-Man da in rauen Mengen herunterschlingt? Und wieso hat er sich nicht schon längst beim Level-Designer beschwert, dass er die leckeren Früchte, die ab und zu als Bonus auftauchen, viel lieber mag? Doch dann fällt mir auf: Die virtuelle Nahrungsaufnahme ist im Prinzip genauso alt wie Videospiele selbst. Und sie taucht in allen erdenklichen Variationen quer durch alle Genres auf. 

Während Pac-Man also weiße Kugeln frisst, stopft sich Mario seit fast einem Vierteljahrhundert halluzinogene Pilze in den Schlund und fühlt sich dann, als wäre er riesengroß und könne Feuerbälle schmeißen. Lustig eigentlich, dass die USK da keine Bedenken wegen Drogenkonsums ausspricht. Obwohl, Mushroom-Junkie Mario ist ja völlig harmlos im Vergleich zu der Rauschgift-Party in Fallout 3: Auch in dem aktuellen Rollenspiel spielt Nahrung eine nicht unwichtige Rolle, und diese saftigen Hähnchenschenkel sehen aber auch wirklich zu lecker aus! Dumm nur, dass alles Essbare genauso radioaktiv verseucht ist, wie der Rest der Spielwelt, und man sich nach dem Verzehr noch schnell eine Dosis Drogen als Dessert reinziehen muss. Welch Ironie, dass in Fallout 3 die Nahrungsaufnahme eigentlich geschieht, um Gesundheit wiederherzustellen. 

Und damit sind wir schon bei einem der grundlegenden Motive, warum Entwickler seit Beginn der Videospielgeschichte immer wieder die Ernährung ihrer Figuren einbauen: Essen = Gesundheit. Ist ja auch ganz klar! Du hast im letzten Kampf viel Schaden genommen, weil Dein Gegner Dir immer wieder mit seinem blöden Eiszauber auf die Mütze gehauen hat? Kein Problem, iss was! Schon ein altes englisches Sprichwort sagt ja: "An apple a day keeps the doctor away." 

So bekommen unsere Pixel-Helden also die unterschiedlichsten Mahlzeiten als Heilmittel vorgesetzt - sei es ein knuspriges "Chickennnnnnnnnnn" in Tekken 3, ein Sandwich in Team Fortress 2, diverse Früchte in Adventure Island oder ein Hamburger an jedem Level-Ende für Alex the Kid

Womit das ehemalige SEGA-Maskottchen Alex übrigens als Fast Food-Liebhaber relativ allein da steht, denn allen Vorurteilen gegenüber Gamern und ihren Essgewohnheiten zum Trotz, ist die Palette angebotener Speisen in Spielen überraschend gesund. Gut, sehen wir mal von Retro-Perlen wie Burger Time ab - aber da geht es ja auch nicht ums Vertilgen, sondern ums Zusammenstellen eines Burgers. Nein, tatsächlich muss überraschend oft vitaminreiches Obst für einen Imbiss herhalten und manchmal wird sogar ein komplettes Gericht gekocht. 

Damit wiederum kann man es allerdings auch übertreiben - ich erinnere mich mit Grauen an das DS-Game Lost in Blue, das als Robinson-Crusoe-ähnliches Abenteuer zweier schiffbrüchiger Geschwister verkauft wird, die dann aber kaum Spannendes erleben, weil das zu versorgende Brüderchen bzw. Schwesterchen permanent ein Loch im Magen hat. Statt also die Insel nach Lust und Laune erkunden zu können, investiert man viel zu viel Zeit in das Suchen und Zubereiten von Mahlzeiten - doof.

Dann bevorzuge ich schon wieder lieber ein so beknacktes Game wie Cooking Mama, in dem es wirklich ausschließlich darum geht, Fleisch anzubraten, Gemüse zu schneiden, Pfannkuchen zu wenden und Sushi zu rollen. "Wonderful! Better than Mama!"

Das Zubereiten von Speisen als Gameplay-Thema wird übrigens inzwischen auch ganz ernsthaft verkauft: Mit einer wahren Flut von Kochspielen werden derzeit (sicherlich meist weibliche) DS-Spieler versorgt. Angefangen vom Nintendo-eigenen Produkt Kochkurs, das komplette Rezepte bietet, über Sophies Freunde: Kochspaß von Ubisoft für jüngere Kundinnnen, bis hin zum englischen Star-Koch Jamie Oliver, der bei Koch doch mal! von Atari vom Cover grinst. Doch kann man solche Produkte überhaupt noch als Videospiele bezeichnen? Im Grunde handelt es sich hier doch eher um animierte Zubereitungs-Anleitungen. 

Interessant ist übrigens auch die Frage, wann die Lebensmittel-Industrie Spiele als Werbeplattform entdecken wird. InGame-Werbung steckt ja (gottseidank, mag manch einer denken) nach wie vor in den Kinderschuhen und hat längst nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft. Ich meine, wenn Niko Bellic schon durch ein fast lebensechtes New York, pardon, Liberty City schlendert, warum dann nicht kurz einen "Kentucky McWhopper" als Snack zu sich nehmen? Oder meinetwegen auch eine Chiquita-Banane. Und was ist eigentlich mit Getränken - und damit meine ich keine kritzgrünen magischen Potions!

Wir sehen: Die Zukunft des Gaming hat noch viel kulinarisches Potential in sich. Aber Vorsicht! Portal lehrt uns, nicht auf jede köstliche Verlockung hereinzufallen: "The cake is a lie..."

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