Special - Killergames und Socialchats - Event : Unwissen, Vorurteile, Aufklärungstendenzen
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GW: Die Eltern also mit einer wichtigen Aufgabe, was den Umgang mit Medien in der Erziehung angeht. Aber sind sie die alleinigen Verantwortlichen ... oder haben nicht auch die Öffentlichkeit und die Videospielindustrie eine Pflicht zu handeln?
FE: Doch, alle drei Bereiche sind gefordert. Aber die Eltern sind immer das primäre Bezugssystem. Bei den Computerspielherstellern liegt jedoch eine gewisse Verantwortung. Ich finde es nicht gut, wenn ein Hersteller eine besonders brutale Szene in ein Spiel einbaut nur aus dem Grund, um den Absatz zu steigern ...
GW: Du meinst als Beispiel sicher das umstrittene Flughafen-Level in Call of Duty: Modern Warfare 2 ...
FE: Richtig. Da gibt es diese Mission, die einfach inhaltlich daneben ist. Und aus Spielersicht muss man ja sagen, dass diese Mission nicht gerade der Bringer ist. Das Level bringt keinen zusätzlichen Reiz. Da fragt man sich natürlich: Warum ist das drin? Und man kommt recht schnell zum Ergebnis, dass es bloß im Spiel enthalten ist, damit der Titel noch etwas spektakulärer wirkt und damit der Verkauf angekurbelt wird. Interessanterweise wird die Flughafenszene in der Spielerszene übrigens sehr kontrovers diskutiert und selbst von abgebrühten Shooter-Fans kritisiert.
GW: Die MedienFalle leistet also Aufklärungsarbeit. Aber erreicht man mit solchen Veranstaltungen nicht ohnehin Eltern und Pädagogen, die schon für das Thema sensibilisiert sind und sich ihrer Verantwortung im Umgang mit Medien bewusst sind? Wie erreicht man die Schicht, die ihre Kinder einfach gedankenlos vor den Fernseher oder den Computer setzt?
FE: Das ist die Krux vieler unserer Angebote. Zum Beispiel auch im Bereich Film. Wir möchten mit unseren Angeboten nicht nur diejenigen Leute erreichen, die analytisch und kritisch mit ihrer Mediennutzung umgehen. Das ist jedoch schwierig. Das klappt beispielsweise dann, wenn wir mit Schulen zusammenarbeiten können oder wenn Freizeitaktionen auf freiwilliger Basis geschehen. Damit meine ich, dass es durchaus Veranstaltungen gibt, die solche Eltern freiwillig besuchen. Aber solange unsere Angebote nun mal freiwillig sind, kommen halt primär die Erziehungsberechtigten, die sich sowieso schon mit der Medienerziehung auseinandergesetzt haben.
GW: Gibt es Pläne, konkret mit der Killerspielethematik an größere Elternkreise heranzutreten?
FE: Ja, durchaus. Wenn wir weitere Sponsoren finden, wäre der nächste Schritt, unsere Angebote bei Elternabenden zu präsentieren. Oder zumindest dort zu informieren, dass es solche Veranstaltungen wie diese heute überhaupt gibt. Natürlich verschicken wir schon jetzt Flyer an Elternzirkel und an Rektorate, aber ob das ankommt, ist halt die Frage. Weitere Ansprechpartner sind auch Vereine und Community-Seiten im Internet.
GW: Videospiele sind ja bloß ein Medium der heutigen Kinder und Jugendlichen. Es kommen immer neue hinzu, man denke etwa an das zurzeit angesagte iPhone mit den ganzen Apps. Wie wird sich das weiterentwickeln?
FE: Es wird immer mehr zu einer Konvergenz kommen. Man wird also immer weniger unterscheiden, ob ein Programm nun auf dem Computer oder auf dem Handy läuft. Das iPhone mit seinen Zusatzprogrammen beweist es. Das gilt auch für die Spiele. Auf den Handys gibt es mittlerweile nicht nur simple Jump'n'Runs, sondern richtig komplexe Sachen mit 3D-Grafik. Ich denke, die Entwicklung wird weiter große Fortschritte machen, gerade in den Bereichen Kommunikation und Spiele. Und genau diese beiden Felder werden sich, je länger (sie sich entwickeln; Anm. d. Red.), desto weniger klar voneinander trennen lassen. In vielen Spielen wird ausgiebig kommuniziert. Beispielsweise hat World of WarCraft einen Chat-Modus, der ausgiebig genutzt wird. Es soll Leute geben, die sich in WoW bloß zum Chatten einloggen. In zukünftigen Studien über das Internet ist es meiner Meinung nach wichtig, dass dieses Spektrum ebenfalls untersucht wird. Also wie sehr wird in Videospielen eigentlich kommuniziert. Die Unterscheidung Informationsangebote, Kommunikationsangebote und Spielangebote wird es weiterhin geben - mit Informationsangeboten meine ich beispielsweise Community-Seiten -, aber man wird zukünftig noch mehr in Betracht ziehen müssen, dass Videospiele die Kommunikation fördern.
GW: Nochmals zu den Eltern-LANs: Langsam wächst doch eine Elterngeneration heran, die als Kinder selbst schon gedaddelt haben. Merkt man das bei solchen Veranstaltungen? Baut sich damit der Generationenkonflikt zwischen Kindern und Eltern bezüglich der Videospiele nicht ab?
FE: Natürlich merkt man dies bei den Eltern-LANs, und dieser Konflikt wird sicher zu einem Teil abgebaut. Aber man muss bedenken, dass die Spiele sich zugleich verändern: Wenn meine Kinder groß sind, werden sie sicher andere Spiele zocken als diejenigen Sachen, die die Kinder heute zocken. Die Spiele werden vielfältiger sein. Es wird andere Zugänge geben, andere Techniken werden eingesetzt werden ... wer weiß, man wird vielleicht in 20 Jahren mit Datenhandschuh und mit 3D-Gesichtsmaske spielen.
GW: Also doch keine Chance auf eine Annäherung?
FE: Doch, meine Kinder werden sicher Spiele derselben Genres konsumieren, die es bereits heute gibt. Und da ich ein wenig Ahnung von Spielen habe, wird der Generationenkonflikt betreffend Spielen sicher nicht mehr so vehement ausgetragen werden, wie das heute der Fall ist. Ausgetragen werden muss er aber trotzdem, denn Eltern müssen sich immer mit dem Spielkonsum und dem Medienkonsum ihrer Zöglinge auseinandersetzen. Egal ob man selbst spielt oder nicht. Deshalb auch mein Appell an die Eltern: Schaut hin, was für Medien eure Kids nutzen! Scheut den Konflikt nicht, sondern tragt ihn aus!
GW: Vielen Dank für das Gespräch!
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