Special - Killergames und Socialchats - Event : Unwissen, Vorurteile, Aufklärungstendenzen
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Teufelszeug und Gegenreden
In der Podiumsdiskussion zeigte sich einmal mehr die Problematik der zu breit gefächerten Veranstaltung. Der World of WarCraft spielende fünfzehnjährige Jugendliche schien sich unwohl zu fühlen, über sein Hobby Auskunft zu geben. Das Publikum brachte dagegen vor allem Computerspielklischees und Vorurteile hervor, die einem Videospieleredakteur die Haare zu Berge stehen lassen. Etwa wenn darüber gestritten wurde, ob der Amokläufer von Erfurt nun ein Killerspieler war oder nicht.
Beängstigend dann auch Wortmeldungen, in denen Counter-Strike als „Programm zur Senkung der Tötungshemmung" und „Werkzeug zur Fremdsteuerung des Konsumenten durch die Spieleindustrie" gebrandmarkt wurde - was uns gerade im Zusammenhang mit Counter-Strike und seinen Mod-Szene-Wurzeln ein Schmunzeln entlockte. Weniger lustig der Hinweis eines Besuchers, dass alle Shooter schlussendlich Simulatoren seien, die dazu dienten, die Spieler das Töten von Menschen zu lehren. Eine der Emanzipation verpflichtete Zuhörerin fragte darauf, ob es eigentlich auch Spiele für Mädchen gebe oder ob es sich immer nur um „Jungen-Spiele" handle, in denen man vielleicht nebenher noch Frauen vergewaltigen könne.
Das waren dann auch die Momente, als die Expertengruppe am Rednerpult nicht so recht weiterwusste. Gerade die beiden Psychologen brachten spannende Aspekte zum Thema ein, etwa der Hinweis, dass eine zuvor kurz gezeigte Mehrspielerszene aus Call of Duty: Modern Warfare 2 auch nicht brutaler sei als ein Kriegsbericht im Fernsehen und dass Suchtverhalten am Computer immer auch eine Selbstbehandlung von sonstigen Defiziten sei. Gewaltspiele würden Jugendlichen eine Struktur bieten, was gerade Kindern mit einem Migrationshintergrund helfen würde. In einer Gesellschaft, in der sie viele Probleme haben, könnten sie in Spielen ihre Talente beweisen.
Die anwesenden Redner und einige Personen im Publikum meinten, Videospielgegner würden im Gegenteil viele Ängste in die Spiele hineinprojizieren, die so aus einer neutralen Sicht gar nicht bestehen. Dazu würden Unterschiede in Spielen weniger wichtig sein, es herrsche im Internet mehr Gleichberechtigung als im realen Leben. Sei bezüglich der Amokläufe nicht vielmehr Kritik am Waffenzugang und vielleicht sogar an der die Armee befürwortenden Öffentlichkeit angebracht? Videospiele seien nun mal eine Realität und man dürfe angesichts von fehlenden Spielräumlichkeiten außer Haus in Städten den Kindern keinen Vorwurf machen, vor dem Computer abzuhängen.
Solche und ähnliche Meinungen kamen von Publikum und Expertenrunde. Dabei blieb es leider bei vielen Unschärfen - Brutalo-Spiele, Online-Spiele, Internetsucht, Jugendkultur, soziale Verwahrlosung, Generationen- sowie Technologiewissenskonflikt und ähnliche Themen wurden stark vermischt. Auffällig jedoch, wie positiv gerade die beiden Psychologen über Videospiele referiert haben. Das ist keine Selbstverständlichkeit und zeigt, dass sich in der Wahrnehmung der Öffentlichkeit bezüglich der Videospiele allmählich etwas tut.
Aufklärung tut dringend Not
Eines machte die Tagung „Killergames und Socialchats" aber mehr als deutlich: Das Thema Videospiele wird in einem atemberaubenden Tempo immer komplexer. Es scheint deshalb immer schwieriger für nicht spielende Personengruppen, etwas von der Materie zu verstehen. Genau das dürfte allerdings weiter die Ängste und damit auch eine ablehnende Haltung provozieren. Wie soll die Aufklärung der breiten Masse über unser Hobby zukünftig erfolgen? Wie ermöglicht man solchen Kreisen einen Einstieg ins Thema? Oder ist der Zug längst abgefahren, die Aufholjagd vergebens? Die sehr anregende und angeregt geführte Tagung ließ gerade uns Spiele-Experte lange grübeln - und das ist schlussendlich ja wahrlich keine schlechte Sache.
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