Test - Secret Service : Der Hinterbänkler der Agenten-Shooter
- PC
- X360
Die slowakische Spieleschmiede Cauldron bekleckerte sich bislang nicht unbedingt mit Ruhm - Titel wie Conan: The Dark Axe, Battle Isle, Soldier of Fortune: Payback oder Knights of the Temple II sind nicht gerade für ihre hohe Qualität bekannt. Und um es schon mal vorwegzunehmen: Secret Service reiht sich bestens in die Reihe mäßiger Produktionen aus dem Hause Cauldron ein.
Präsidentenfeier mit Hindernissen
Es ist der 20. Januar 2009 und die Welt wird bei der Zeremonie am Inauguration Day Zeuge eines historischen Ereignisses: In den USA wird Barack Obama der erste dunkelhäutige Präsident und der wohl wichtigste Politiker der Erde. Genau an solch einem Inauguration Day beginnt auch Secret Service. Ihr übernehmt die Rolle eines Elite-Agenten, der eigentlich bloß den frischgebackenen Präsidenten zu den Feierlichkeiten im Weißen Haus begleiten soll. Ungute Gefühle kommen jedoch bereits auf, als sich plötzlich ein unbekannter "Freund" via Funk meldet und vor einem Attentat warnt. Tatsächlich: Bald bricht das Chaos aus. Terroristen greifen an und der Präsident kann nur mit eurer Hilfe diesen Tag überstehen.
Diese Hintergrundgeschichte, die sich natürlich nicht zuletzt um eine Verschwörung dreht, hat einiges Potenzial. Wer möchte nicht gerne mal spielerisch in die Fußstapfen Clint Eastwoods im Thriller-Klassiker In the Line of Fire - Die zweite Chance treten? Leider bleibt die Story von Secret Service allerdings höchst plump irgendwo zwischen konservativ populistischem Verschwörungspamphlet, nervig dick aufgetragenem U.S.-Patriotismus und der TV-Serie 24.
Im Zielvisier, aber weit verfehlt: Call of Duty 4
Was ist das Lieblingsspiel der Entwickler von Cauldron? Es muss Call of Duty 4: Modern Warfare sein. Wenn Imitieren eine Form des Lobes ist, dann küssen die Jungs und Mädels aus dem Hause Cauldron als Lobpreisung geradezu den Hintern von Infinity Ward. Es ist mehr als offensichtlich, dass sich die Designer äußerst großzügig bei Modern Warfare bedient haben. Das fängt bei der Steuerung an, die dieselbe Tastenbelegung nutzt - inklusive des kurzen Sprints per Druck auf den Analog-Stick in der X360-Fassung. Die Kontrolle fällt etwas schwammiger aus, geht aber in Ordnung. Weniger gelungen ist die schlecht übernommene Art und Weise, die Geschichte in den Zwischensequenzen weiterzuspinnen. Hier kann man dem Vorbild nicht mal ansatzweise das Wasser reichen.
Das gilt allerdings auch für das restliche Spiel. Secret Service ist ein Shooter, der im Grunde in allen Bereichen schwache bis mittelmäßige Leistungen abliefert und schlicht belanglos bleibt. Ihr ballert zahlreiche Feinde mit unterschiedlichen Waffen ab, setzt auch mal eine Betäubungswaffe ein und bewegt euch unmotiviert durch eng gehaltene Levelpassagen.
Wie es sich für das Genre gehört, müsst ihr auch mal Scharfschützen aus der Entfernung ausschalten, Bomben entschärfen, in der Dunkelheit mit dem Nachtsichtgerät arbeiten und ein paar andere Dinge erledigen, die man in dieser Form schon in dutzenden anderen Shootern auf unterhaltsamere Weise erlebt hat. Activision machte mit dem Hinweis auf den Leveldesigner Daniel Arey von Naughty Dog (Crash Bandicoot, Jak, Uncharted) Werbung für das Spiel. Im Hinblick auf die enorm einfallslose Gestaltung der Missionen stellt sich allerdings die Frage, ob Arey nicht besser in die Verwaltungssoftware-Branche wechseln sollte.
Manchmal clever - stets hässlich
Fast schon überraschend: Die KI der Gegner ist streckenweise gar nicht so übel. Die Terroristen gehen auch mal an passender Stelle in Deckung, versuchen, euch hin und wieder in die Mangel zu nehmen, ziehen sich bei schwerem Beschuss zurück oder wollen euch mit ihren Geschossen festnageln. Leider sind solche Sternstunden längst nicht die Regel, setzt die KI doch immer wieder bedenklich aus. Etwas mehr unterschiedliche Gegnertypen hätten dem Spiel nicht geschadet. Da jedoch das große Vorbild Call of Duty 4: Modern Warfare diesbezüglich auch nicht so viel zu bieten hat, darf man dies wohl von Cauldron ebenfalls nicht erwarten.
Allzu lange dauert der Einsatz als Schützling des Präsidenten nicht: Nach etwa vier Stunden seht ihr den Abspann. Auf einen Mehrspielermodus verzichteten die Entwickler. Als Bonus schlummern lediglich aufgesammelte Mobiltelefondialoge und das bereits im eigentlichen Spielgeschehen nervige Entschärfen von Bomben als Minispiel, das aus Bioshock abgekupfert wurde, auf der Disc. Fairerweise muss man erwähnen, dass Secret Service bereits zum Start als Budget-Titel in den Handel kam, auch wenn der anvisierte Preis angesichts des abgelieferten Produkts ruhig noch niedriger hätte sein dürfen.
So ganz als Entschuldigung für die schwache Grafik kann man das Preisargument aber nicht gelten lassen. Die Grafik befindet sich nämlich eher auf PS2-Niveau, bietet unsäglich eckige Figuren, "schmeichelt" eurem Auge mit detailarmen Levels und hat auf positiver Seite bloß einen Unschärfe-Effekt und die ordentliche Weitsicht zu bieten. Umso seltsamer, dass die Spargrafik auf X360 und PC mit Rucklern und Tearing zu kämpfen hat. Ähnliches beim Sound, der vor allem abseits der Hauptfigur durch laienhafte englische Sprecher, eine fehlende Lokalisation und arg dünne Schussgeräusche auffällt.
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