Test - Sea of Solitude : Ein besonderes Erlebnis
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Kay ist allein. In einem kleinen Boot, das man eher als Nussschale bezeichnen muss, wacht sie auf. Um sie herum nur die Einsamkeit des Meeres. Doch blicken wir tatsächlich auf die See oder in ihre Seele? Diese Frage stellt sich bei Sea of Solitude ein ums andere Mal …
Trostlos und eintönig wirkt die Szenerie, durch die das ganz in schwarz gehaltene Mädchen schippert. Aus dem Menschen ist ein Monster geworden, das erkennt sie selbst sehr schnell. Die Gründe könnten auf dem Meeresboden liegen: Schemenhaft sind dort Straßen und Gebäude erkennbar, die sich zu einer Stadt formen. Einige Strukturen ragen aus dem Wasser hervor und geben Anlass zur Hoffnung, dass noch nicht alles verloren ist, auch wenn es zunächst so scheint.
Nach kurzer Fahrt ins Nirgendwo stößt Kay auf ein leuchtend helles Geschöpf. Doch das Mädchen, dass ihr freundlich erscheint, verschwindet so schnell wieder, wie es aufgetaucht ist. Kay folgt ihr in dem Wunsch, Antworten auf die eigenen Fragen zu bekommen: Was hat mich zum Monster gemacht? Warum fühle ich mich so allein? Und wie kann ich mich aus dieser Isolation befreien?
Seelische Abgründe
Aber nicht nur die eigene Einsamkeit bedroht die junge Frau, während sie zwischen Hausdächern hin- und herspringt, über Treppen läuft und Leitern emporklettert, um irgendwie weiter zu kommen. Bizarre Kreaturen versperren ihr den Weg, klagen sie an und scheinen ihr jede Hoffnung rauben zu wollen. Zudem lauert in der Tiefe des dunklen Wassers eine tödliche Gefahr, denn eine riesige Schlange wartet nur darauf, die unvorsichtige Kay zu verschlingen. Im Hellen ist die junge Frau dagegen sicher, zugleich sinkt der Wasserstand an bestimmten Stellen und gibt zuvor unzugängliche Pfade frei.
Wasser und Boot fungieren, genau wie viele andere Elemente in Sea of Solitude, als Metaphern. Sie symbolisieren Kays seelischen Zustand, der zwischen völliger Verzweiflung und großer Zuversicht pendelt. Dominieren Einsamkeit und Frustration ihre Gedanken, verfällt die Welt in Grau- und Schwarztöne, während die genannten Kreaturen auf den Plan treten. Gewinnen positive Gefühle die Oberhand, verwandelt sich alles in ein helles, farbiges und lebensbejahendes Szenario.
Kay selbst kann für einen kurzen Hoffnungsschimmer sorgen, indem sie eine leuchtende Kugel wirft, die für wenige Momente die Dunkelheit vertreibt oder den Weg weist. Aber die farblose Einsamkeit kehrt immer wieder zurück. Kay muss sich diesen Dämonen stellen, und dabei kommt ihr mysteriöser Rucksack ins Spiel.
An bestimmten Stellen nimmt er schwarze Schwaden in sich auf, die zuvor Kays Erinnerungen gefangen hielten. Sie sind oft schmerzhaft und wurden darum lange verdrängt, bringen aber auch wichtige Erkenntnisse mit sich und öffnen neue Wege. Diese führen Kay über das Meer, durch leere Straßen, eine alptraumhafte Schule oder ein verwüstetes Hochhaus. Jedes dieser Gebiete erzählt einen bestimmten Teil der Story und ist optisch auf die jeweilige Atmosphäre abgestimmt.
Eine individuelle Erfahrung
Wichtige Motive der Story sind Isolation, Hoffnung, Empathie, Egozentrik und Abschied. Davon ist nicht nur Kay selbst, sondern auch ihr enges Umfeld betroffen. Sie steht als handelnde Figur zwar im Mittelpunkt der Geschichte, eine Heldengeschichte ist Sea of Solitude allerdings nicht. Vielmehr beschreibt es den Versuch, aus Fehlern zu lernen und sich dadurch menschlich weiterzuentwickeln.
Das ist alles bewusst vage und schwammig formuliert, denn die Geschichte bildet das Zentrum von Sea of Solitude und sollte darum selbst erlebt und interpretiert werden. Der Plot des Spiels basiert auf den persönlichen Erlebnissen von Creative Director Cornelia Geppert, trotzdem dürften die Themen der linear verlaufenden Story praktisch jeden erreichen, wenn auch in unterschiedlich intensiver Form.
Dagegen beschränken sich die spielerischen Abläufe auf rudimentäre Hüpfpassagen, das Laufen von A nach B und den Einsatz von Kays leuchtender Kugel. Einfallsreich oder gar fordernd ist das zu keinem Zeitpunkt, sondern hauptsächlich ein funktionierendes Transportmittel für die Geschichte. Grafisch bietet sich vor allem durch die scharfe Trennung von dunkler und heller Welt eine interessante Abwechslung mit teils intensiven Bildern, die ebenfalls ganz im Zeichen der Geschichte stehen. Kleine technische Patzer wie gelegentliches Clipping oder manch unsaubere Animation fallen nicht ins Gewicht.
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