Test - Princess Peach: Showtime : Test: Nintendo für die Generation Frozen
- NSw
Es ist nicht die erste Hauptrolle für Marios Angebetete, denn schon auf dem Nintendo DS durfte sie im Jump-and-Run Super Princess Peach ihr eigenes Abenteuer erleben. Aber in einer Zeit, in der selbst ein beliebiger Nebencharakter wie Toad mehr als einen Auftritt im Rampenlicht bekommt, ist die königliche Herzensdame überfällig für ein paar neue Ideen.
Ist Princess Peach: Showtime ein richtiges Spiel oder eine Ideensammlung für zukünftige Peach-Auskopplungen? Schwer zu sagen. Irgendwie kratzt mich dieser Switch-Titel auf die falsche Weise und hinterlässt bei mir das Gefühl, Beta-Tester für ein potenzielles Hit-Game zu sein, das noch gar nicht entwickelt wurde. Auch wenn es faktischer Humbug ist, könnte ich mir prima gedanklich ausmalen, wie Nintendo Strichlisten führt, welches Level dieses Genre-Mixes am meisten gespielt wurde und dementsprechend den nächsten Titel ausrichtet.
Ein wenig so wie bei Marios Erz-Klon in Wario Ware, nur in ausführlicherer Form, springt die Hochwohlgeborene von einem Gameplay-Thema zum nächsten. Mal ist sie Eiskunstläuferin, mal Cowgirl, mal Confiseurin. Verpackt als Theaterstück vor einfachen Kulissen, bilden diese Tätigkeiten eine interaktive Varieté-Show.
Zukunft Pink
Ja, es stimmt: ich bin alles, nur nicht die angepeilte Zielgruppe, was ein gewisses Fehlerpotenzial in meinen Gedankengängen erhöht. Die Behauptung, das neueste Abenteuer der rosa liebenden Prinzessin fixiere seinen Blick ausschließlich auf kleine Mädchen und Casual Gamer mit geringem Erfahrungsschatz, wäre weder faktisch korrekt noch in heutigen Zeiten politisch vertretbar, und doch klebt dieser Gedanke wie Pattex in meinen Bewertungskriterien.
Eine auf zwei Knöpfe reduzierte Steuerung, Spielabschnitte, die kaum länger als zehn Minuten am Stück beschäftigen, grenzenlose Überzuckerung, die selbst Marios Hüpfspiele mit einem Fingerschnippen in die Diabetes-Behandlung schicken (Stichwort Birnennasen und Kulleraugen) sowie Peaches Garderobe flüstern lauter als mein rationaler Gedankengang sprechen kann.
Vorurteile drängen sich auf, während inhaltlich nicht so viel Mädchenhaftes drinsteckt, wie die Fassade einem weismachen möchte. Zumindest nach traditioneller Ansicht, die heutzutage ja immer weniger Bedeutung hat. Ninjas, Cowboys und Detektive hätte man vor zehn Jahren noch zu Themen für Vorschuljungs erklärt, und doch stehen sie gleichberechtigt neben den oben genannten. Auch Nintendo geht eben mit der Zeit.
Mach mal nicht so ein Theater
Der Grund, warum mich diese eigentlich positiv abwechslungsreiche Zusammenwürfelung unterschiedlicher Gameplay-Elemente nicht so recht abholt, ist der mangelnde Tiefgang. Kaum habe ich mich mal an die Eiskunstlauf-Steuerung gewöhnt und mit Freude festgestellt, dass sie Peach bei korrekter Bedienung sogar rückwärts über das gefrorene Nass schlittern lässt, da ist der Spaß auch schon wieder vorbei. Zwar kommt jede Spielvariante zweimal zum Einsatz und bringt dadurch eine gewisse Steigerung mit, aber das Niveau hält sich auch hier in Grenzen.
Zahme Bosse mit schnell durchschaubaren Bewegungsmustern, kaum erwähnenswerte Herausforderungen und ein levelintern derart streng linearer Ablauf, dass der Innenraum einer Telefonzelle komplexer wirkt, sind Faktoren, die schnell vergessen lassen, wie flüssig und eingängig sich jedes neue Thema spielen und erlernen lässt. Ich werde ja nicht mal richtig warm dabei.
Darum empfinde ich leider auch sehr wenig angesichts der klischeehaften Bedrohung durch die fiese Madame Grape, die das Funkeltheater mitsamt den dort arbeitenden Funkelwesen unterjochen will. Einzig Prinzessin Peach kann ihr die Stirn bieten und das auch nur, weil ihr eine kleine Sternenfee namens Stella die sogenannte Funkelkraft verleiht – im Grunde ein Platzhalter-Talent für alles, was im Theater verändert werden muss.
So bringt Peach auf Knopfdruck Blumen zum Blühen, befreit hypnotisierte Theatermitarbeiter aus ihrer Trance oder bringt Requisiten zur Entfaltung, was regelmäßig durch Münzen oder den Gewinn eines Funkelkristalls belohnt wird. Erreicht sie dann die Mitte eines Levels, verwandelt sie sich in eine Manifestation des aktuellen Levelthemas.
Sie säbelt sich mit einem Degen durch die Meute, befragt als Detektivin Zeugen und Verdächtige oder hüpft auch mal schlicht über Hindernisse, ohne echte Jump-and-Run-Ambitionen an den Tag zu legen.
Dies sind die Momente, in denen Princess Peach: Showtime vor lauter Charme aus allen Nähten platzt. Die Kostüme eurer Hoheit sind klischeebehaftet, aber schön, die Spielvarianten simpel, aber doch sinnvoll gestaltet und der Spielfluss so gnadenlos Nintendo-typisch fluffig, dass nur noch ein Wunsch aufkommt: Man möchte mehr davon.
Dabei sollte allerdings erwähnt werden, dass es nicht um eine Inhouse-Produktion von Nintendo geht. Das Konzept stammt aus der Feder des Studios Good-Feel, das in Nintendos Auftrag arbeitet und dabei erstaunlich viel spielerisches Know-how an den Tag legt. So sind die Stealth-Passagen, die Peach als Ninja überwinden muss, ebenso witzig wie verständlich, während ihre Verwandlung in eine Fechtmeisterin in gleicher Virtuosität auf Action setzt.
Wie schon gesagt: es fehlt lediglich an Tiefgang und Herausforderung. Fünf Fehltritte erlaubt Peaches Lebensleiste, was nicht einmal Anfänger ins Schwitzen bringen sollte, schließlich werden der Prinzessin Herzen zum Wiederauffüllen buchstäblich nachgeworfen.
Auf der Bühne sollte man nicht stottern
Ein Spiel für Anfänger also? Nun, Nintendos Spiele waren (in der Regel) schon immer familien- und einsteigerfreundlich. Dieses Mal ist’s nur eventuell ein wenig zu viel des Guten, denn abseits der Vervollständigung der auffindbaren Funkelkristalle, von denen man im ersten Anlauf eines Levels gerne mal einen oder zwei verpasst, sowie dem Erwerb neuer Kostüme gegen Münzen, halten sich Langzeitmotivation und Wiederspielwert in Grenzen.
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Wer nur eines der zuvor erhältlichen Super-Mario-Jump-and-Runs komplett durchgespielt hat, befreit dank des erworbenen Geschicks alle Stockwerke des Funkeltheaters in Windeseile, was dem monetären Gegenwert nicht unbedingt schmeichelt.
Wenn sich dann auch noch technische Ungereimtheiten bemerkbar machen, sitzt der Rotstift locker. Größere Bugs oder Fehler im Spielsystem waren nicht festzustellen, aber die Bildrate stottert hin und wieder merklich, ohne dass ersichtlich wäre, warum. Die Theater-Kulisse, die jedes Spielthema stilsicher untermalt, mag charmant sein, gibt technisch aber gar nicht so viel her, und abseits des Scheinwerfers, der Peach stets ins rechte Licht rückt, sowie der manchmal flüssig wechselnden Gesamtbeleuchtung, bleibt es bei den grafischen Effekten beim Allernötigsten. Schwer vorstellbar, dass es an der Hardware liegt. Prinzessin Peach: Showtime ist offenbar kein Prioritätstitel, der Feinschliff bis in die letzte Ecke verdient hat.
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