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Test - Miitopia : Das schrägste Spiel des Jahres

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  • 3DS
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Miitopia war das wohl unwahrscheinlichste 3DS-Spiel, für das man ein Switch-Remaster erwartet hätte. Das skurrile Mii-RPG, das ganz auf den Spuren von Tomodachi Life wandelt, lässt euch jede Figur des Spiels selbst gestalten. Die Switch-Version hat dafür einen der mächtigsten Charakter-Editoren der letzten Jahre erhalten. Jede Figur und Person, ob fiktiv oder real, kann nun ein Abenteuer mit euch bestreiten. Troll-Face als holde Prinzessin? Eure Oma als dunkler Fürst? Auf der Switch wird Miitopia zu Meme-topia.

Miitopia war eines der letzten Spiele, die für den 3DS veröffentlicht wurden. Kein Wunder, dass viele das schräge Rollenspiel übersehen haben, während sie schon mit einem Auge auf die damals brandneue Switch schielten. Offenbar wollte Nintendo das Potenzial des Titels nicht auf seiner Ursprungsplattform versauern lassen und unterzog Miitopia einer HD-Behandlung. Die kann sich sehen lassen: Knackscharfe Texturen, eine höhere Auflösung und allgemein mehr Detailreichtum lassen den 3DS-Ursprung kaum noch erahnen.

Das Besondere an Miitopia: Jede Rolle des Spiels, seien es Teamkameraden, verschrobene NPCs oder der Obermotz höchstpersönlich, muss in Eigenregie mit einem Mii besetzt werden. Eure Oma als Dunkler Fürst, die kleine Schwester als Magier oder Elton John als Schlosswache - je absurder, desto besser. Der schräge Humor, den Miitopia verströmt, steht und fällt mit dem Maß an Kreativität, das ihr in den Charaktereditor zu stecken bereit seid. Und diesem ist in der Switch-Version nach oben keine Grenze gesetzt.

Zusätzlich zum klassischen Mii-Maker wurden die Anpassungsmöglichkeiten durch Optionen für Make-up und Perücken erweitert. Insbesondere durch das Make-up gibt es kaum etwas, das sich nicht mit den Gesichtern anstellen lässt. Mit etwas Geschick und genügend Durchhaltevermögen lässt sich quasi jede erdenkliche Figur bis ins kleinste Detail nachstellen. Miitopia verfügt über den wohl leistungsfähigsten Charaktereditor der letzten Jahre.

Jede einzelne Figur erstellen zu müssen, hat aber auch seine Schattenseiten. Wer sein kreatives Pulver längst verschossen hat, wird schnell ermüden, wenn vor der Ankunft im nächsten Ort ein weiteres halbes Dutzend NPCs besetzt werden will. Dann stört das ausufernde Tool den Spielfluss sogar. Zum Glück lässt sich in Miitopia das Ideengut anderer Spieler anzapfen. Kreationen können per Code geteilt und gesucht werden. Einige beeindruckende Beispiele findet ihr in unserem Miitopia-Mii-Guide. Wer trotzdem auf dem Schlauch steht, hat hinterher immer noch Gelegenheit, Gesichter auszutauschen. Individualisierung wird in diesem Spiel groß geschrieben. So groß, dass auf die meisten der übrigen Aspekte von Miitopia ein großer Schatten fällt.

Gesichtslose Handlung

Mit einem derartigen Fokus auf Visagen dreht sich auch inhaltlich alles um Gesichter. Der Dunkle Fürst klaut den Bewohnern von Miitopia ihre Gesichter, um sie seiner Monsterarmee zur Verfügung zu stellen. Die Handlung ist dünn wie Papier, in ihrer Ausführung dafür umso unterhaltsamer. Das Knuddelabenteuer lebt von schrägen Momenten, in denen Figuren aus völlig unterschiedlichen Universen aufeinandertreffen, sich debile Einzeiler um die Ohren pfeffern, Eifersuchtsdramen durchleben oder putzige Verhaltensweisen an den Tag legen. Die Jagd auf den Dunklen Fürsten erweist sich eher als Mittel zum Zweck, als Weg, der mit Rollenspiel- und Seifenoper-Einschlägen gepflastert ist.

Reden, laufen, kämpfen, wiederholen

Bei so viel Betonung auf leichtherzig-blödsinnige Momente wäre es wichtig, den Spieler bis zum Ende immer wieder aufs Neue zu überraschen. Aber genau das gelingt Miitopia genauso wenig wie seinem geistigen Vorgänger Tomodachi Life. Alles ist nur so unterhaltsam, wie es neu ist. Und spätestens nach den ersten Spielstunden hat man abgesehen von handlungsrelevanten Unterhaltungen das Gefühl, jede Dialogzeile bereits dreimal gelesen zu haben. Folglich verschleißt Miitopias zweitwichtigste Ressource, der Humor, viel schneller als es Miitopia gut täte.

Miitopia - A Pretty Barn Good Overview Trailer

Das Video verschafft euch kurz vor dem Start noch einmal einen umfassenden Überblick über Miitopia.

Vor diesem Hintergrund steht dem Mii-RPG auch sein sich wiederholender spielerischer Ablauf nur bedingt gut zu Gesicht. Grundsätzlich bewegt ihr euch ähnlich wie in einigen Mario-Titeln über eine Oberwelt, um zum nächsten Level zu gelangen. Von hier an laufen die meisten Prozesse automatisiert ab. Euer Mii-Team folgt selbständig einem geradlinigen Weg und bittet bestenfalls um eure Assistenz, wenn es darum geht, welche Abzweigung gewählt, ob eine Schatztruhe geöffnet oder ob ein raschelnder Busch untersucht werden soll. Bevor es zu Kämpfen kommt, unterhalten sich die Miis mit mal mehr mal minder zusammenhanglosen Satzfetzen, die aber nichts zum Geschehen beitragen.

Auch in den sehr klassisch konzipierten rundenbasierten Kämpfen gibt Miitopia das Ruder nur ungern aus der Hand. Kontrolle in den Auseinandersetzungen mit twerkenden Truthähnen, “Weibsbildern” oder Hamburgern habt ihr lediglich über euren eigenen Charakter und die Vergabe von regenerierenden Salzstreuern, die euch von der großen Macht des Horst verliehen wurden. Alle übrigen Aktionen laufen automatisiert ab.

Witzig sind immerhin die zwischenmenschlichen Fähigkeiten, die eure Miis je nach zugewiesener Persönlichkeit zufällig anwenden. Nette Charaktere verschonen ihre Gegner gelegentlich, sture sind stärker, lehnen aber gerne mal Heilung ab. Je nach Beziehung wollen Miis untereinander angeben oder sprechen Komplimente für Volltreffer aus. Dass Kämpfe und Erkundungstouren auf Knopfdruck beschleunigt werden können, deutet allerdings an, dass die Entwickler leise ahnten, diese Abläufe könnten als langatmig empfunden werden.

Bis auf gelegentliche Kommandos setzt euch Miitopia trotz dieser putzigen Momente auf die Ersatzbank. So fühlt man sich mehr als Beobachter, denn als Teilnehmer des Geschehens. Welche Fähigkeiten das Team überhaupt nutzen kann, hängt davon ab, wie gut sie sich kennen.

Am Ende jeder Route kehren die Miis ins Gasthaus ein, in dem sich der soziale Part abspielt. Indem die Figuren Zeit im selben Zimmer verbringen, wächst ihre Beziehung. Zusätzlich gestärkt wird das Verhältnis durch gemeinsame Ausflüge ins Kino oder zum Angeln. Im Gasthaus spielt Miitopia durch seinen Humor wieder ganz klar seine Stärken aus. Kitsch, Eifersüchteleien und völlig absurde Ereignisse dürften Fans moderner Sitcoms gut gefallen. Zusätzlich lassen sich die für den Kampf relevanten Werte der Charaktere durch Mahlzeiten verbessern. Hier hat jeder andere Vorlieben, die sich positiv oder negativ auf das Wachstum eines Wertes auswirken. Hier endet die Einflussnahme.

Eine weitere Neuerung der Switch-Version ist ein Pferd, das selbstverständlich ebenfalls ganz nach individuellem Geschmack gestaltet werden darf. Abgesehen von einer zusätzlichen Beziehungsmöglichkeit und sporadischen Angriffen im Kampf bietet es aber keinen echten Mehrwert. Nach dem Besuch im Gasthaus beginnt der Zyklus von Neuem und wird nur selten von außergewöhnlichen Orten wie Städten unterbrochen, in denen ihr euch frei bewegen könnt. Miitopia könnte daher das Interesse gerade älterer Spieler rasch verlieren.

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