Preview - Call of Juarez: The Cartel : Howdy, Rapper!
- X360
Es gibt Orte, von denen man sich besser fernhalten sollte. Tschernobyl, zum Beispiel. Oder auch Ciudad Juárez. In der mexikanischen Stadt tobt seit Jahren ein erbitterter, blutiger Drogenkrieg. Täglich sterben durchschnittlich sieben Menschen bei Schießereien, das Jahr 2010 forderte insgesamt 3.111 Opfer. Harte Redakteure wie wir lassen sich davon nicht abschrecken, deshalb kehren wir nach unserem letzten Besuch vor drei Monaten zurück. Und dieses Mal bringen wir Verstärkung mit.
Statt den polnischen Entwicklern Techland nur über die Schulter zu schauen, luden wir und zwei weitere Kollegen dieses Mal selbst die Revolver durch. Via Xbox Live schlüpften wir in eine der drei Rollen, die Call of Juarez: The Cartel an talentierte Schießeisenkünstler zu vergeben hat.
Eine Frage der Perspektive
Ben McCall, Nachfahre der McCall-Brüder aus dem Vorgänger und harter Cop beim LAPD, Eddie Guerra, der im Auftrag der amerikanischen Behörde zur Drogenbekämpfung (DEA) arbeitet, und die aufstrebende Polizistin Kim Evans, die gerade frisch bei der US-Bundespolizei FBI angefangen hat und dementsprechend unerfahren ist - das sind die drei Hauptakteure im Kampf gegen das Drogenproblem. Je nachdem, für welchen Charakter ihr euch entscheidet, soll die Handlung anders verlaufen und damit einen Anreiz zum mehrfachen Durchspielen bieten.
Viel zu sehen war davon bis dato aber nicht. Einzig die Telefonanrufe unterscheiden sich je nach Person, vermitteln sie doch individuelle Nebenaufträge, bei denen ihr zum Beispiel unbemerkt von den Kollegen Gegenstände mitgehen lassen sollt. Habt ihr gerade niemanden aus Fleisch und Blut am Start, um dem mexikanischen Drogenkartell die weißen Pulvertüten vom Tisch wegzuschnupfen, versucht sich die künstliche Intelligenz an den Straßenballereien und Verfolgungsjagden im Auto.
Ledersitz statt Ledersattel
Verfolgungsjagden? In Call of Juarez? Ganz genau. Lange Wege legt ihr nicht mehr hoch zu Ross zurück wie in den Vorgängern, sondern setzt bei der Verbrecherjagd auf die Pferdestärken eines komfortabel ausgestatteten, offensichtlich bombensicher gepanzerten Geländewagens. Techland hat die Serie aus dem Wilden Westen in die Moderne befördert und trotzdem immer wieder beteuert, dass die coolste Epoche der amerikanischen Geschichte im Kern erkennbar bleibt. Und die polnischen Entwickler spielen in der Tat immer wieder mit markanten klassischen Assoziationen. Zum Beispiel, als wir in der Mission „Juan Chase" dem Drogenboss Juan Mendoza durch die Wüste hinterherhetzen und neben uns gemütlich die Eisenbahn durch die Szenerie dampft.
Motorisiert endete zwar auch die Mission „Gangbang", hauptsächlich lieferten wir uns vorher aber immer wieder kleine Scharmützel zu Fuß. Nicht mit Indianern, nicht mit bösen Revolverhelden, sondern mit klischeebehafteten Hip-Hoppern aus Los Angeles: nackter Sixpack-Oberkörper, Bandana im Haar und Uzi in der Hand. Bezeichnend, dass sie zwar versuchten, in Deckung zu hechten, dabei aber oftmals kläglich scheiterten und somit nicht mehr als bewegliche Pappkameraden waren. Erwischt es einen eurer Mitspieler dann doch mal, eilt ihr zur Hilfe und helft der Person per Knopfdruck wieder auf die Beine.
Baustelle Technik
Ohnehin scheint die künstliche Intelligenz nicht die einzige Baustelle zu sein, um die sich Techland bis zur Veröffentlichung besser noch kümmern sollte. Vor allem die hölzern agierenden Figuren und die ungewöhnlich starke Treppchenbildung fielen unangenehm auf, insgesamt machte Call of Juarez: The Cartel zudem noch einen äußerst unfertigen Eindruck. Besonders hartnäckige Fehler verhinderten gar das Weiterspielen. Im Hinblick auf die in wenigen Wochen bevorstehende Veröffentlichung ist das kein gutes Zeichen.
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