Test - Watch_Dogs : Ein Paradies für Voyeure
- PC
- PS4
Begeisterungsstürme, Vorfreude, Ernüchterung, Hasstiraden, Hoffnung – kein anderes Spiel löste in den letzten Monaten so extrem gegensätzliche Reaktionen aus wie Watch_Dogs. Ubisofts Open-World-Action-Spiel sieht sich deshalb einer Vielzahl komplett unterschiedlicher Erwartungshaltungen gegenüber. Wie könnte das Hacker-Abenteuer jemals alle oder auch nur einen Großteil der Käufer zufriedenstellen? Watch_Dogs hat aber durchaus das Potenzial dazu. Ein GTA V für Next-Gen-Konsolen ist es dennoch nicht geworden.
Der Vergleich liegt nahe - jedoch nicht, was die technische Seite betrifft. Packen wir das brennendste Thema gleich zu Beginn an: Nein, Watch_Dogs sieht auf der PlayStation 4 NICHT so aus wie Grand Theft Auto V auf Xbox 360 und PlayStation 3. Aber, ja, es stimmt: Watch_Dogs kommt in der uns vorliegenden PS4-Version nicht an die technische Brillanz der E3-Enthüllung von vor zwei Jahren heran.
Das gilt auch für die ebenfalls getestete PC-Version, obwohl sie die schönste ist. Das liegt unter anderem an bestimmten Features, von denen Nvidia-Nutzer profitieren, unter anderem von HBAO+, TXAA und Nvidias G-Sync. Damit wirkt ihr Kantenflimmern und Tearing entgegen und verbessert die gesamte Bildqualität in jeder Szene. Ihr müsst allerdings reichlich Zeit in die umfangreichen Einstellungsmöglichkeiten investieren, weil ihr sonst von Grafikfehlern gepeinigt werdet.
Beiden Versionen ist gemein, dass sie bei wolkenfreien Tagszenen steril und detailarm wirken. Sobald jedoch der erste Wolkenbruch einsetzt oder ihr dank des dynamischen Tag-Nacht-Wechsels einen Sonnenaufgang oder -untergang erlebt, ist das für Watch_Dogs wie gekonnt aufgetragene Schminke. So schwankt das Spiel ständig zwischen wunderschönen und ernüchternden Augenblicken. Wer die Wahl und einen starken Rechner hat, greift zur PC-Variante, da euch auf der PS4 dank 900p und 30 fps Kantenflimmern sowie Ruckeln in späteren Story-Missionen erwarten. Besonders unschön fiel uns zudem der aufpoppende Gegenverkehr auf. Dafür läuft Watch_Dogs in beiden Versionen größtenteils fehlerfrei und nervt nicht mit Bugs wie einst Assassin's Creed III.
Vollbremsung
Von seinen Assassinen-Stiefbrüdern trennt Watch_Dogs vor allem aber die Qualität der Geschichte. Ihr seid Aiden Pearce, ein Hacker im Chicago der nahen Zukunft. Nach einer fehlgeschlagenen Mission werden ihm Killer auf den Hals gesetzt, die tragischerweise nicht ihn, sondern versehentlich seine sechsjährige Nichte erwischen. Der Beginn ist rasant, spektakulär und dramatisch. Doch dann treten die Erzähler feste auf die Bremse.
Als ob das nicht schon für einen Vermerk auf der Contraseite genügen würde, nimmt die Geschichte auch noch jeden möglichen Umweg. Aidens simples Ziel, die Verantwortlichen für den Tod seiner Nichte zu finden, wird deutlich spürbar in die Länge gezogen. Doch trotz der dadurch zur Verfügung stehenden Zeit entwickelt sich die Hauptfigur keinen Millimeter weiter. Stattdessen bleibt sie bis zum Abspann genauso blass wie zu Beginn. Erfreulicherweise halten euch zumindest diverse Nebenfiguren bei der Stange, die allesamt interessanter als Aiden sind.
Viel zu tun
Diesen größtenteils markanten Charakteren begegnet ihr, während ihr die auf fünf Akte aufgeteilten Hauptmissionen erledigt. Konzentriert ihr euch rein auf die Kampagne, seid ihr nach rund zwölf Stunden durch – grob geschätzt, denn wir wurden beim Testen konstant von den zahlreichen Nebenmissionen abgelenkt, die einen Großteil des Spiels ausmachen. Bereits kurz nach der Einführungsphase öffnet sich die Spielwelt und ihr könnt erfreulicherweise tun und lassen, was ihr wollt. Abseits der Geschichte verbrachten wir deshalb insgesamt rund 25 Stunden im virtuellen Chicago. Dass in den Statistiken am Ende dennoch gerade mal die Fünfzig-Prozent-Marke touchiert wurde, sagt viel über den Gesamtumfang aus. >>
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