Test - The Technomancer : Sci-Fi-Rollenspiel im Blitzlichtgewitter
- PS4
The Technomancer will in die Fußstapfen der Großen treten: Blitze schleudern wie ein Sith, flüssig in den Nahkampf wie Batman, Monster erschlagen wie Geralt und dann Bündnisse schließen wie der Inquisitor in Dragon Age. In der Praxis hat der Mancer aber noch etwas Nachhilfe nötig.
Eine Kolonialisierung geht immer mit Problemen einher: die ungewohnte Umgebung, das Bilden einer Regierung, mit der alle zufrieden sind, Korruption und Lagerkoller und nicht zuletzt die Integration der Einheimischen. Gut, mit Letzterem müssen sich die Menschen auf dem Mars vielleicht nicht herumschlagen, jedoch kämpft die Bevölkerung in The Technomancer auch Jahrzehnte nach der Besiedlung des roten Planeten noch mit gehörigen Problemen.
Die Tierwelt, die Wissenschaftler derjenigen der Erde nachempfinden wollten, ist zu bösartigen Monstern mutiert, die die Oberfläche unsicher machen. Das Terraforming wurde eingestellt und den Kontakt zur Erde hat man vor langer Zeit verloren.
Zwietracht auf dem Mars
Verschiedene Gruppierungen haben sich deshalb zusammengetan, um den regierenden Konzern Aurora zu stürzen. Noch dazu werden Mutanten, die dank der Strahlung der Sonne einen Teil ihrer Menschlichkeit verloren haben, als Zwangsarbeiter ausgebeutet. Sie wollen nun einen Platz in der Gesellschaft. Mittendrin: Zachariah Mancer. Ein frisch gebackener Technomancer, eine Art Elektromagier, der als Lieutenant in der heimischen Armee für Ruhe und Ordnung in den bewohnten Marsgebieten sorgen soll. Je länger ihr jedoch euren Aufgaben nachkommt, desto mehr verschwimmen die Grenzen zwischen Gut und Böse. Schon bald müsst ihr euch entscheiden, auf wessen Seite ihr stehen wollt.
Rollenspieltypisch erarbeitet sich Zachariah Sympathien, aber auch Feindschaften der einzelnen Gruppierungen in Dialogen durch seine Entscheidungen und indem er Quests für sie erfüllt. Die Aufgaben im Spiel decken das Übliche ab, von Begleitaufgaben über Erkundungsquests bis hin zu Eliminierungsmissionen. Für die Erfahrungspunkte, die ihr dadurch sammelt, könnt ihr eure Charakterwerte verbessern. Charismatische Helden können Probleme oftmals ohne Eskalation im Dialog lösen. Handwerklich begabte haben bei Reparaturarbeiten die Nase vorn. Richtig interessant wird es aber, wenn es an den Skilltree fürs Kampfsystem geht.
Drei sind besser als einer
Der Technomancer zeichnet sich vor allem durch seine Elektrozauber aus. Fähigkeiten wie Kettenblitze, elektrifizierte Waffen und Schutzschilde könnt ihr mit den erhaltenen Fertigkeitspunkten erlernen und verbessern. Jedoch könnt ihr die Punkte auch in euren bevorzugten Kampfstil stecken. Im Gegensatz zu anderen Rollenspielen legt ihr in The Technomancer nicht vorab eine Klasse fest, die euren Kampfstil bestimmt, sondern habt während des Spiels die freie Wahl zwischen drei verschiedenen: mit Streitkolben und Schild, wie es die Gesetzeshüter bevorzugen, mit dem Kampfstab, die traditionelle Waffe der Technomancer, oder wie ein Gauner mit Dolch und Pistole.
Alle Stile unterscheiden sich durch ihre Geschwindigkeit, Reichweite und Schadensverteilung enorm. Das Spiel empfiehlt zwar, seinen Kampfstil der Gegnerart anzupassen, etwa den Stab für Flächenschaden gegen schwache Gegner, aber eigentlich reicht es für die meisten Prügeleien, einen besonders gut zu beherrschen und mit Level-ups stetig zu verbessern. Die Kämpfe haben es übrigens in sich. Das freie Kampfsystem zwingt euch zu genauem Timing und präzisem Ausweichen. Wer sich in die Ecke drängen lässt, findet meist einen schnellen Tod.
Besonders fluffig wird das Ganze, wenn ihr die Zauberfähigkeiten, die meist mehr Reichweite, aber auch eine längere Einsatzzeit haben, nach dem Ausweichen aus dem Nahkampf kombiniert. Hier entfaltet Zachariah sein Potenzial, auch wenn die Gefechte nicht so flüssig wie in einem Batman oder Assassin‘s Creed ablaufen. Dazu tragen die mitunter hakelige Kamera und Anvisierungsprobleme bei, die uns während des Tests so manchen Tod bescherten.
Gute Ideen, mangelhafte Umsetzung
Leider sind das nicht die einzigen technischen Probleme, mit denen The Technomancer zu kämpfen hat. Typische Rollenspiel-Bugs, die den Spielfluss hemmen, wie verschwundene Questgeber und nicht erkannte Quest-Items trüben den Spielspaß ebenso wie durch Wände clippende oder teils unsichtbare Gegner, die wir für das Vorankommen jedoch erledigen müssen. Dazu kommen noch diverse kosmetische Probleme. Die Grafik ist zwar nicht die schönste, dennoch ist die etwas triste Welt in sich stimmig. Wenn da nicht plötzlich aufpoppende NPCs, unsichtbare Levelgrenzen und unüberwindbare Hindernisse wie wadenhohe Kisten wären, die 2016 einfach nicht mehr zeitgemäß sind.
Recht schlauchige Levels und nervige Ladezeiten zwischen den einzelnen Weltenabschnitten führen dazu, dass sich die eigentlich offene Welt am Ende doch ziemlich eingeschränkt anfühlt. All diese Probleme, zusammen mit flachen Charakteren, die uns nicht sonderlich ans Herz wachsen, repetitiven Nebenquests und der schrecklichen Party-KI, tragen dazu bei, dass The Technomancer trotz seiner tollen Ideen und innovativen Fertigkeitenverteilung hinter seinen Möglichkeiten zurückbleibt. Um die Zeit bis zum nächsten Blockbuster-Rollenspiel zu überbrücken, reicht der Elektrozauberer aber allemal.
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