Test - The Legend of Zelda: Link's Awakening : Schöner denn je
- NSw
Bemerkenswert: Von allen Zelda-Abenteuern ist ausgerechnet die Gameboy-Episode mit dem Untertitel Link’s Awakening die philosophischste und zugleich melancholischste. Sinnbildlich steht die Erweckung des Windfischs auf der Insel Cocolint nämlich für die Überwindung der Angst vor dem Älterwerden. Vielleicht ist das ja der Grund, warum Nintendo genau dieses Spiel neu auflegt.
Jene Jugendlichen, die den Titel 1993 durchspielten, sind heute erwachsen und können die hintergründige Botschaft besser verstehen. Alle anderen genießen schlicht ein Remake, das grafisch und inhaltlich auf den neuesten Stand gebracht wurde. Schade nur, dass bei Zelda: Link‘s Awakening die Technik der Switch nicht immer mitspielt.
Link’s Awakening war schon immer ein Kuriosum. Es war das erste Zelda-Abenteuer, das völlig ohne den Einfluss von Nintendos Mastermind Shigeru Miyamoto entstand, weil der Prototyp zuerst nur ein Experiment darstellte. Die Frage war: Kann man ein Zelda verlustfrei auf den monochromen Gameboy portieren?
Ja, das funktionierte, wenn auch nur mit gewissen Einschränkungen. Genau diese Kompromisse, die der schwachen Hardware und den wenigen Bedienelementen des Gameboys zuzuschreiben waren, führten dazu, dass aus der geplanten Portierung von „Zelda: A Link to the Past“ ein eigenständiges Spiel wurde, ein Mix aus diversen Eigenschaften der 8- und 16-Bit-Zeldas, der später als Inspirationsquelle für die N64-Episode Ocarina of Time herhalten würde. Und das, obwohl das Spiel um ein paar untypische Jump-and-Run-Cameos angereichert wurde, zum Beispiel Kirby, Boo-Hoos, Goombas und Pokeys, sowie kleine Tunnel, in denen Link selbst zum Jump-and-Run-Held mutiert.
Dass trotz alledem ein echtes Zelda dabei herauskam, veranschaulicht das Remake für Nintendos Switch auf beeindruckende Weise, denn von all diesen Kompromissen ist nur noch eine hervorstechende Eigenschaft geblieben, nämlich die für Zelda-Verhältnisse recht kleine Oberwelt. Alles andere entspricht heutigen Standards und nutzt die Möglichkeiten der Switch-Hardware voll aus, sodass Spieler, die das Original nicht kennen, meinen könnten, es handle sich um ein brandneues Spiel.
Flüssig, aber nicht butterweich
Nostalgische Verklärung verhindert bereits der neue grafische Anstrich, der trotz der geballten Niedlichkeit seiner Spielfiguren nur noch entfernt an Gameboy-Ästhetik erinnert. Die komplette Spielwelt, die man fast immer aus der verkürzten Vogelperspektive betrachtet, besteht nun aus 3D-Grafik mit modernen Texturen und einem ganzen Batzen schicker Effekte: glänzende Oberflächen, schöne Transparenzen und ein ansehnlicher Unschärfeeffekt.
Dazu ertönt das einstige Gepiepse des Gameboy-Soundchips als glasklare orchestrale Musik, die zu jeder Zeit wunderbar feinfühlig wirkt und trotzdem Motivation für das Abenteuer versprüht. Jeder noch so kleine Jingle wurde mit Streichern und Blech- und Holzbläsern neu eingespielt. Ja, selbst die Easter-Eggs wie etwa das Zelda-Thema im Salsa-Stil, das man aus dem Startmenü kitzeln kann. Herrlich!
Eine Frischzellenkur, die nicht nur optisch und akustisch, sondern auch spielerisch mehr Freude bereitet. Vorbei die Zeiten, in denen bildschirmweise umgeblättert wurde. Link wandert dank flüssigem Scrolling über eine nahtlose Oberwelt. Wobei die meisten Räume der Dungeons aufgrund gewisser Gameplay-Vorgaben die Ausnahme darstellen – hier wird noch immer umgeblättert, wenn Link durch eine Tür oder eine per Bombe aufgesprengte Öffnung marschiert. Das ist nötig, weil viele Kerkerräume auf ihren Ursprungszustand zurückgesetzt werden müssen, wenn unser Held sie verlässt. Sei es, um Plünder-Ressourcen wieder herzustellen oder Schiebe- und Schalterrätsel neu zu starten.
Auf der Oberwelt fehlt es an solchen Spielelementen. Trotzdem wirkt es ein wenig seltsam, dass Gräser und Büsche, die man eben noch mit dem Schwert absäbelte, wie von Geisterhand nachwachsen, sobald sie aus dem Blickfeld verschwinden. Ein etwas größerer Radius für temporäre Veränderungen hätte der Spielwelt mehr Konsistenz verliehen. Aber das ist ein unwichtiges Detail. Wirklich nervig ist der technische Aspekt, denn auf der Oberwelt schwankt die Bildrate heftig zwischen den Extremen. 60 Bilder pro Sekunde peilt das Spiel an, doch erreicht werden sie nur selten. Sind viele Transparenzeffekte im Bild, fällt die Bildrate sogar bis in die 20er-Region, was sich durch starkes Stottern bemerkbar macht. Uff!
Die instabile Darstellung hat selten spielerische Nachteile, aber sie nervt, weil sie das visuelle Erlebnis nie konstant präsentiert. Verantwortlich für die Rundumerneuerung ist das japanische Studio Grezzo, das zuvor Portierungen von Ocarina of Time, Majora’s Mask oder Luigi‘s Mansion auf den 3DS übernommen hatte. Deren technischer Ansatz war bei diesen Spielen tadellos. Warum ausgerechnet Link’s Awakening die Ausnahme darstellt, wissen wohl nur deren Grafiker. Egal woran es liegt, eines ist klar: eine Begrenzung der Bildrate auf der Oberwelt (auf stabile 30 FPS) wäre allemal angenehmer gewesen.
Klassisch und doch zeitlos
Abseits dessen beweist Grezzo mal wieder ein gutes Händchen für Verbesserungen im Komfort, beim Entfernen von Bugs und beim Aushebeln gewisser Exploits. Aber eines nach dem anderen. Link’s Awakening auf Switch entspricht inhaltlich fast exakt dem Original. Der spitzohrige Held wird nach dem Kampf gegen Ganon in A Link to the Past von den Strapazen seines Abenteuers heimgesucht und beschließt daher, auf einer Seereise Ruhe zu finden. Doch ein schwerer Sturm zerstört sein kleines Schiff. Link erwacht auf einer kleinen Insel namens Cocolint (die im japanischen Original übrigens „Trauminsel“ genannt wird und in der englischen Übersetzung Coholint heißt).
Um von diesem rätselhaften Eiland zu entkommen, rät ihm ein geheimnisvoller Uhu, die acht sagenumwobenen Instrumente der Sirenen zu finden, mit deren Musik er ein riesiges Ei zerbrechen kann, in dem der Windfisch schläft. Jedes dieser Instrumente wurde in einem Dungeon versteckt, das meist erst mithilfe besonderer Werkzeuge zugänglich ist. Mal braucht Link Schwimmflossen, mal einen Enterhaken oder ein Kraftarmband, das ihm die Macht verleiht, schwere Steine zu heben. Zelda-typisch findet man in einem Labyrinth meist schon das Werkzeug für den nächsten Kerker.
Acht Instrumente, also acht Dungeons? Das klingt doch nach einem ganz gewöhnlichen Zelda. Allerdings verläuft das Abenteuer nicht ganz so typisch, wie es Action-Adventure-Fans Anfang der 90er gewohnt waren. Mal abgesehen davon, dass Link für sechs der Kerker erst Zugangsschlüssel finden muss, ist die Handhabe seiner Ausrüstung ziemlich aufwändig. Weil der Gameboy nur über zwei Feuerknöpfe verfügte, ermöglichten die Spieldesigner die freie Belegung eben jener mit jedem beliebigen Gegenstand in allen erdenklichen Kombinationen. Zum Beispiel Schwert und Schild, Schaufel und Enterhaken oder Bomben und magisches Pulver und so weiter.
Das hatte allerdings zwei gravierende Nachteile: Einerseits schaltete man gefühlt alle 30 Sekunden ins Waffenmenü, um für die Rätsel und Gegner gewappnet zu sein, andererseits war Link in Szenen, in denen er zwei Hilfsgegenstände gleichzeitig brauchte, völlig wehrlos, weil er weder Schwert noch Schild nutzen konnte.
Genau diese Zwickmühle beseitigt Grezzo im Switch-Remake, da vier der meistbenutzten Gegenstände fest zugewiesen werden. Das Schwert liegt immer auf dem B-Knopf, der Schild auf dem R-Knopf, das Kraftarmband auf A und die Pegasus-Stiefel zum Rennen auf L. Alles andere wird wie zuvor der X- und Y-Taste zugewiesen. Das ist nicht nur bequemer, sondern auch praktischer. Kämpfe laufen dadurch nahtloser ab. In Konsequenz dessen verhalten sich Feldgegner nun allerdings auch aggressiver und verteidigen sich geschickter.
Darüber dürfte sich kaum jemand beschweren, schließlich war das Original-Spiel Gameboy-typisch sehr leicht zu knacken. Besonders schwierig fällt Link’s Awakening auch mit den aggressiveren Gegnern nicht aus. Allen, bei denen deswegen Langeweile aufzukommen droht, sei der optionale Helden-Modus ans Herz gelegt. Der Helden-Modus verdoppelt den gegnerischen Schaden und verhindert, dass Link Heilungs-Herzchen oder Feen aus Gräsern und zerschellten Vasen ernten kann. Ganz schön hart, aber für Pros eine machbare Herausforderung. Vermutlich wird Youtube schon in ein paar Wochen mit Hero-Mode-Speedruns überschwemmt.
Kleine, feine Änderungen
Apropos Speedrun: Kenner des Originals werden ein paar kleine, aber feine Differenzen wahrnehmen, die mitunter das Ausnutzen von Exploits unterbinden. So war es in einem Dungeon beispielsweise möglich, einen Kristallschalter zu früh zu aktivieren und auf diese Weise den Inhalt einer bestimmten Schatztruhe früher zu kassieren als vorgesehen. Nur ein kleiner Mauerblock mehr genügt an dieser Stelle, um das zu verhindern.
Noch dazu wurden mehr Herzteile und Zaubermuscheln auf der Insel versteckt. Wer nun glaubt, deswegen einfacher an das stärkste Schwert des Spiels zu kommen, irrt sich, denn auch das Abstauben von Belohnungen im Muschelbasar unterliegt nun anderen Regeln. Wer das Schwert einsacken will, muss nun 40 statt 20 Muscheln finden. Aber keine Panik, für Muschel Nr. 20 erhält man einen Detektor, der beim Suchen der gut versteckten Sammelobjekte hilft.
Großes Lob gebührt den Entwicklern für das Entfernen sämtlicher unnötiger Bildschirmtexte, die einem auf dem Gameboy gehörig auf die Nerven gingen. Jeder Fehlversuch beim Heben eines zu schweren Steins wurde damals durch gut gemeinte, aber ewig anhaltende Warnungen kommentiert. Davon ist nichts mehr zu sehen. Übrigens sind auch alle zotigen Anmerkungen aus der Übersetzung von Claude M. Moyse verschwunden. Nun gibt es keine Gegner mehr, die nach dem Besprühen mit Zauberpulver „Nie ohne Kondom“ oder „Gib mir deinen Saft ich geb‘ dir meinen“ sagen.
Grundsätzlich basiert das Remake von Link’s Awakening auf der DX-Fassung, die einst für den Gameboy Color erschien, weshalb das optionale Farb-Dungeon ebenfalls enthalten ist. Mangels Hardware-Kamera fallen jedoch die Schnappschuss-Funktion und alle zugehörigen Zwischensequenzen unter den Tisch. Als Ersatz steht nun ein Dungeon-Design-Modus zur Verfügung, der leider keineswegs an Super Mario Maker erinnert. Man darf nämlich nur Räume aneinanderreihen, die man im Laufe des Spiels schon einmal gesehen hat und stellt somit lediglich eine Art „Best-of-Dungeon“ zusammen. Speichern darf man solche Entwürfe nur auf Amiibos per NFC-Funktion. Dadurch verliert der Dungeon-Editor viel an Reiz. Schade!
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