Test - The Last Faith : Test: Noch ein Metroidvania? Ja, aber ein richtig fettes!
- Multi
Das Metroidvania-Subgenre ist rappelvoll mit Spielen ganz unterschiedlicher Qualität – von schlecht über gut bis grandios ist alles vertreten. Im Grunde halten sich sämtliche Titel an Super Metroid und Castlevania: Symphony of the Night, die vor mehr als einem Vierteljahrhundert definiert haben, wie ein 2D-Action-Adventure mit zusammenhängender Spielwelt auszusehen hat. Auch The Last Faith ist in seiner Aufmachung alles andere als innovativ – und dennoch ein Highlight.
Schaut man auf den düsteren Grafikstil des Action-Adventures von Indie-Entwickler Kumi Souls Games, schießt einem gleich Blasphemous durch den Kopf. Was dessen aktuelle Fortsetzung drauf hat, erfahrt ihr im Test zu Blasphemous 2 meines geschätzten Kollegen und Souls-Liebhabers Dennis. Kleiner Spoiler: Es ist einiges! Und wenn ich euch nun sage, dass The Last Faith im direkten Vergleich deutlich traditioneller ausfällt, ist die Messe für euch entweder schon gelesen, weil ihr keinen Bock auf die alten Muster habt. Oder sie fängt gerade erst an, weil ihr nach genau diesem klassischen Spielgefühl lechzt.
Die Geschichte um Eryk, der einen auf ihm lastenden Fluch brechen und darum unzählige Monster verkloppen muss, ist eher beiläufiger Natur. Typisch Souls-like wird euch wenig erklärt. Sämtliche Charaktere, auf die ihr trefft, teilen sich in geschliffenen, aber nicht immer verständlichen Texten mit. Zusatzinfos oder Erklärungen müsst ihr suchen und euch auch dann noch vieles zusammenreimen. Der eine mag diese mysteriös-verschwurbelte Erzählweise, der andere hasst sie. Im Mittelpunkt steht aber klar der Spielablauf, und der reißt vom ersten Moment an mit.
Sterben kann so schön sein!
Eine Entscheidung mit spielerischen Auswirkungen trefft ihr gleich zu Beginn mit der Wahl eurer Klasse. Schläger, Schurke, Sterngucker und Scharfschütze verfügen über unterschiedliche Ausgangswerte, die ihnen Stärken in den Bereichen Nahkampf, Schusswaffengebrauch oder auch Magie bescheren. Allerdings könnt ihr euch im Spielverlauf frei entfalten und euren Eryk so verbessern, wie ihr es für richtig haltet. Somit gibt die anfängliche Wahl lediglich eine Richtung vor – ob ihr dabei bleibt oder eine andere einschlagt, ist eure Sache.
Die Steuerung gelingt mit jeder Klasse punktgenau, und zwar sowohl hinsichtlich der Angriffe mit Hieb- und Stichwaffen sowie Pistolen, als auch in Sachen Sprünge und Ausweichmanöver. Zu keinem Zeitpunkt drängt sich der Verdacht auf, eins der (vielen) Ableben könnte aufgrund schwammiger Kontrollen zustande gekommen sein. Vielmehr erhaltet ihr das genau entgegengesetzte Feedback, das da lautet: Ihr habt Mist gebaut und werdet dafür bestraft! In der Spielbeschreibung ist nicht umsonst von Souls-Elementen die Rede.
Diese wirken sich in The Last Faith in gewohnter Manier aus: Geht ihr drauf, verliert ihr sämtliche mitgeführten Erfahrungspunkte. Sie haben natürlich einen speziellen Namen, aber ganz ehrlich: Der ist am Ende Schall und Rauch. Wichtig ist lediglich, beim zweiten Anlauf alles zurückzubekommen, was verloren wurde. Also wieder hin zur Stelle des Sterbens. Wer Bloodborne und Konsorten kennt, der weiß allerdings, dass dieses Unterfangen niemals ein Spaziergang ist.
Grundsätzlich gilt: Betretet ihr einen der vielen Abschnitte wie Anwesen, Kerker, Sumpf oder Krypta zum ersten Mal, ist jeder Gegner eine ernste Gefahr für Eryks Leben. Einige langen einmal hin, schon findet ihr euch am letzten Checkpoint (selten) oder manuellen Speicherpunkt (häufig und fair verteilt) wieder. Andere Feinde wirken im ersten Moment so, als hättet ihr leichtes Spiel mit ihnen – bis sie euch mit einem fiesen Element-Angriff erwischen, der in Sekundenschnelle die Lebensenergie auffrisst. Wer nicht gleich ein Gegenmittel für Feuer, Eis und Co. einnimmt, schaut sich alsbald die Radieschen von unten an.
Ein gut gefülltes Inventar ist jedoch mit etwas Weitsicht verbunden. Denn hilfreiche Extras finden sich nicht an jeder Ecke, sondern tauchen nur sporadisch auf. Besser ist es darum, alles Wichtige regelmäßig einzukaufen: Dafür reist ihr zu einem Herrenhaus im Startgebiet des Spiels, das neben einer Händlerin auch einen Schmied beherbergt. Eure Waffen dürft ihr ständig verbessern, vorausgesetzt, ihr habt genug Seelen (Erfahrungspunkte, ihr wisst schon) und Crafting-Materialien beisammen. Gleiches gilt für die Stärkung eurer Werte in Bereichen wie Angriff, Geschicklichkeit und Lebenskraft. Leider ist auch das nur in besagtem Herrenhaus möglich, sodass ihr für ein Upgrade stets dorthin zurückkehren müsst. Weil jeder Speicher- auch ein Schnellreisepunkt ist, klappt das allerdings relativ fix.
Alles eine Frage der Taktik
Dass ihr gewisse Umwege gerne in Kauf nehmt, liegt zum einen an der grandiosen 2D-Pixel-Style-Grafik. Feine Animationen für Angriffe und Bewegungen machen Eryks Aktionen ebenso ansehnlich wie die seiner zahlreichen Gegner. Auch die unterschiedlichen Gebiete der umfangreichen Spielwelt geizen nicht mit Details im Vorder- und Hintergrund, die jedem Abschnitt seinen einzigartigen Charakter verleihen. The Last Faith ist stets gruselig, düster oder dreckig, aber dabei unglaublich schick und technisch poliert. Auf der Playstation 5 hatten wir keinen einzigen Bug oder Absturz zu beklagen und die Ladezeiten zwischen den Schnellreisen beliefen sich auf maximal zwei Sekunden.
Zum anderen wird euer Forscherdrang stets belohnt. An vielen Stellen sind Waffen versteckt, die besondere Effekte mit sich bringen. Die Peitsche ist nicht stark, dafür jedoch sehr schnell. Mit der Sense und dem Breitschwert erwischt ihr Feinde auch auf mittlere Distanz ganz locker, müsst allerdings mit einem geringen Angriffstempo leben. Dank zwei aktiven Plätzen für Nah- und Fernkampfwaffen könnt ihr jederzeit zwischen verschiedenen Todbringern wechseln.
Manche der Hieb- und Stichwerkzeuge scheinen zu Beginn etwas schwachbrüstig zu sein. So spielte ich lange fast ausschließlich mit dem Breitschwert, weil es einfach sehr viel Schaden anrichtete. Nachdem ich jedoch einige andere Waffen aus Interesse verbessert hatte, konnte ich manche Feinde zwar weniger schnell, aber deutlich entspannter erledigen. Beispielsweise ließen sich bestimmte Angriffe unterbrechen, sodass ich gar nicht mehr ausweichen musste. Daher mein Tipp: Experimentiert mit Schwertern, Pistolen und mehr, um euren Kampfstil zu variieren und besser auf die vielen Monster reagieren zu können. Achtet dabei insbesondere auf den kritischen Schaden und mögliche Statuseffekte.
Deutlich schwerer fiel es mir, die verschiedenen Zauber gewinnbringend einzusetzen. Feuerball, Eissäulen oder Blitzschlag sind zwar stark, brauchen aber lange in der Ausführung und zehren kräftig von der entsprechenden Energie. Und hier lag mein Hauptproblem: Gerade in Bosskämpfen war mir das Wiederaufladen der Magie-Leiste zu umständlich, weil ich das dafür notwendige Item erst via Steuerkreuz auswählen musste. Im Eifer des Gefechts erwischte ich mehrfach den falschen Gegenstand – und besiegelte damit gleich mein Ende. Warum ich zwei weitere Items nicht auf die Schultertasten legen darf, ist mir ein Rätsel. Beide haben nämlich keine Funktion im Spiel.
Keine Chance? Kein Problem!
Dass The Last Faith kein Selbstläufer ist, wisst ihr an diesem Punkt längst. Bereits die normalen Feinde können unachtsamen oder ungeduldigen Naturen einiges Kopfzerbrechen bereiten. Deutlich knackiger gestalten sich die Kämpfe gegen allerlei Bosse, die in den zahlreichen Winkeln der Spielwelt lauern. Doppelgänger, Drachen, Hexen, Mutanten, fliegende Bestien und manchmal sogar zwei Kreaturen gleichzeitig fordern euch heraus. Das Studieren ihrer Muster, genau abgestimmte Gegenangriffe und die zeitige Einnahme von Heiltränken bestimmen über krachende Niederlage oder glorreichen Triumph. Und der schmeckt so süß wie in nahezu jedem Souls-like.
Da euer Abenteuer nicht linear verläuft, kann es durchaus vorkommen, dass ihr auf einen Boss trefft, der euch im ersten, zweiten, dritten und vierten Anlauf gar keine Chance lässt. Ein Grund dafür könnte sein, dass ihr euch nicht clever genug anstellt. Meist ist Eryk jedoch schlicht zu schwach oder unzureichend bewaffnet, um es mit dem jeweiligen Kaliber aufzunehmen. Außerdem geben euch erst manche Spezialfähigkeiten wie Luft-Dash oder Schild-Parade das nötige Quäntchen mehr Power.
Regelrecht an einem Endgegner festbeißen müsst ihr euch jedoch äußerst selten, denn dank der offenen Struktur gibt es nahezu immer mindestens eine alternative Route, die ihr einschlagen könnt. Ein bisschen Sucherei gehört jedoch ebenso dazu wie das aufmerksame Studium der großen Karte. Der Spielwelt mangelt es nämlich nicht an Abzweigungen, kleinen Ecken und versteckten Durchgängen.
An dieser Stelle kommt ein zweiter wichtiger Tipp: Nutzt die Möglichkeit, Räume oder bestimmte Gegner manuell mit Symbolen zu markieren. Das erspart euch die lange Suche nach Orten, die noch Geheimnisse bergen, deren genaue Position ihr aber längst vergessen habt. Und rennt ihr dabei noch durch anfängliche Gebiete, bringen euch die Gegner nicht einmal nennenswerte Erfahrungspunkte ein. Das ist mir mehr als einmal passiert …
Kommentarezum Artikel