Länderauswahl:
Du wurdest von unserer Mobile-Seite hierher weitergeleitet.

Special - World Cyber Games – Interview mit Thomas von Treichel & David Schneider : Die E-Sport-Verantwortlichen im Talk

    Von  |  |  | Kommentieren

    GW: In diesem Camp wurde also auch echter Sport betrieben. Ist es denn bei den E-Sportlern genauso wie bei den Schachmeistern, die oft neben dem Gedankensport noch sehr viel sonstigen Sport betreiben? Oder stimmt das Klischee vom übergewichtigen Hardcore-Gamer?

    TT: Ich glaube, einen wirklich Übergewichtigen haben wir in diesem Jahr überhaupt nicht im deutschen Nationalteam. In der Schweiz war wohl im vergangenen Jahr auch keiner dabei. Das ist also ein typisches Klischee. Die Gamer sind genauso durchschnittlich wie der Rest der Bevölkerung - auch was Beruf und Ähnliches angeht. Entsprechend findet man bei den E-Sportlern im Durchschnitt genau so viele Leute, die echten Sport treiben. Wir haben beispielsweise jemanden, der am Camp nicht teilnehmen konnte, weil er der beste Torwart seines Vereins ist. Natürlich gibt es auch ein paar Leute, die überhaupt keinen Sport machen. Ich bin auch nicht so der sportliche Typ. Aber die E-Sportler sind auf jeden Fall fit genug (lacht).

    Gameswelt: Nun zu dir, David. Was sind deine Aufgaben im Zusammenhang mit den World Cyber Games in der Schweiz?

    David Schneider: Ich bin in der Schweiz für die Organisation der National Finals verantwortlich. Ich bin außerdem damit beschäftigt, die Schweizer Delegation zu den Grand Finals zu begleiten. Ich schaue dort, dass sie sich an das Reglement halten, zur richtigen Zeit am richtigen Ort sind. Lange zuvor überprüfe ich die Online-Qualifikationen, an denen im Grunde jeder Schweizer teilnehmen und sich schlussendlich für die Finals qualifizieren darf.

    GW: Wie kam es dazu, dass die WCG auf der Suisse Toy ihre Zelte aufgeschlagen hat?

    DS: Wir waren schon vor zwei Jahren auf der Suisse Toy, damals gab es noch keine Games-Halle. Wir waren ziemlich begeistert von der Atmosphäre, von der Location und waren sehr willkommen bei der Messeleitung. Die hat schon damals gemerkt, dass elektronische Games in Zukunft eine wichtige Komponente sind- gerade für eine Spielzeugmesse, die sich weiterentwickeln muss, um marktfähig zu bleiben. Letztes Jahr wollten wir ebenfalls auf die Suisse Toy, das ging aber terminlich nicht. Deshalb waren wir im Wankdorf-Stadion gleich hier um die Ecke. Das ist dort, wo der FC Basel immer verliert (lacht). Dieses Jahr hat es zeitlich aber perfekt gepasst. Die Messeleitung hat uns ihr Konzept für die E-Games-Halle gezeigt und wir sahen sofort, dass die WCG perfekt hineinpasst.

    „In der Schweiz haben wir also schlussendlich ein Wohlstandsproblem. Wir haben E-Sportler, die nicht auf dem Niveau sind wie der Rest der Welt."

    GW: Wie steht es um die E-Sport-Szene in der Schweiz? Ist sie im Vergleich zu Deutschland oder Österreich besonders groß oder besonders klein?

    DS: Ich kann zur Beantwortung dieser Frage die Schweizer Szene am besten zunächst mit der polnischen vergleichen. Wenn in Polen einer ein Preisgeld von 20.000 Euro gewinnt, dann ist das für ihn ein ähnlich großer Gewinn, als wenn jemand in der Schweiz 160.000 Euro erhalten würde. Das hat eine entsprechende Motivationswirkung. Das heißt, dass in Polen jemand deutlich länger trainiert als in der Schweiz, weil er einfach mehr verdienen kann. In der Schweiz ist die Motivation weniger monetär, denn hier kann man mit 20.000 Euro schon was anfangen, allerdings nicht so viel. In der Schweiz haben wir also schlussendlich ein Wohlstandsproblem. Wir haben E-Sportler, die nicht auf dem Niveau sind wie der Rest der Welt, weil sie mehr noch im Schul- oder Berufsleben stehen und so weniger intensiv trainieren können.

    Es gibt einzelne Disziplinen, in denen Schweizer sehr stark sind. Das gilt vor allem für neue Disziplinen. Das ist wie im richtigen Sport. Als zum Beispiel Snowboard neu aufkam, waren Schweizer sofort an der Spitze, weil Schweizer Sportler das Geld dazu haben, sich mit einer neuen Sportart auseinander zu setzen und sie als Early Adopter aufzunehmen. So ist es auch auf den WCG: Bei Spielen, die schon lange in den WCG gezockt werden, wie etwa Counter-Strike oder WarCraft, haben Schweizer Spieler die schlechtesten Chancen.

    Umgekehrt sind wir in neueren Spielen viel besser, da haben wir sogar schon Medaillen geholt. Noch zu Österreich und Deutschland: Die Deutschen sind klar weiter, was an der professionelleren Betreuung und den größeren finanziellen Mitteln liegt. Sie haben sogar einen olympischen Physiotherapeuten, soweit ich weiß. Die Österreicher sind ein wenig weiter als die Schweizer. Allerdings nur wenig. Unser Ziel ist natürlich jedes Jahr, besser zu sein als die Österreicher. Wie im Skisport (lacht)!

    GW: Thomas von Treichel hat ja gerade wieder in diesem Interview bestätigt, dass Deutschland eher ein PC-dominierter Spielemarkt ist. Wie steht es diesbezüglich um die Schweiz?

    DS: Ich würde sagen, die Schweizer E-Sport-Szene ist ebenfalls sehr PC-lastig. Das liegt zum einen sicher daran, dass wir in den vergangenen Jahren vor allem den PC-Bereich des E-Sports vorangetrieben haben. Die ganzen LAN-Partys wurden nur mit PCs abgehalten, die Qualifikationen fanden früher ausschließlich auf PC statt und so weiter. Die Kommunikationskanäle sind auf dem PC halt offener. Auf der Xbox hast du ein proprietäres System, das die Kommunikation erschwert. Entsprechend schwieriger ist es, die Konsolenspieler mit dem E-Sport zu erreichen und sie für eine E-Sport-Aktivität zu begeistern.

    Von dem her sind Konsolenspieler immer einige Schritte im Verzug. Das könnte sich aber in den kommenden Jahren massiv ändern, insbesondere weil Sony ja nun mit der PS3 als Online-Plattform mit Microsofts Xbox 360 gleichgezogen hat. Diese Konkurrenzsituation hat zur Folge, dass Microsoft seine Plattform ausbauen und vielleicht öffnen wird. Wir würden von so einer Öffnung ganz klar profitieren. Denn es ist eigentlich viel einfacher, mit Konsolen solche Turniere abzuhalten. Man stellt einfach die Konsolen hin und es läuft. Bei PCs hat man immer noch Hardware- und Software-Schwierigkeiten.

    „Konsolenspieler sind immer einige Schritte im Verzug. Das könnte sich aber in den kommenden Jahren massiv ändern."

    GW: Die Schweizer E-Sportler sind also vor allem in den neueren Games stark. In welchen Disziplinen sind die Medaillen-Chancen am höchsten?

    DS: In FIFA haben wir sicher gute Chancen. Das ist zwar nicht gerade ein neues Spiel, aber da haben wir sehr starke E-Sportler in diesem Jahr, und das hatten wir eigentlich schon immer bei diesem Titel. Die Schweiz kann bei FIFA eigentlich mit der Weltspitze mithalten. Wir haben für jedes Spiel normalerweise einen Spieler im Nationalteam, aber in FIFA werden wir diesmal gleich zwei User an die WCG-Finals nach Köln schicken. Ebenfalls gute Chancen existieren in Project Gotham Racing - dort konnte ja bereits ein Schweizer vor zwei Jahren eine Medaille einheimsen.

    GW: David und Thomas, besten Dank für das Interview!

    Kommentarezum Artikel