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Special - Gefühle in Videospielen : Alles eine Frage des Charakters

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    Was hat sich nicht alles getan, seit man vor vielen, vielen Jahren an klobigen Kästen einen gelben Kreis durch Labyrinthe jagte und Punkterekorde knackte. Noch nie wurden Spiele so aufwendig produziert wie heute, oftmals ist das Budget im oberen Millionenbereich angesiedelt. Die Welten werden größer, die Möglichkeiten vielfältiger. Nur wenn es darum geht, Emotionen in virtuellen Welten glaubhaft darzustellen, scheitern die Entwickler oft. Oder ist die Branche vielleicht doch weiter, als wir denken?

    Mitten auf dem Platz in Bowerstone steht der Held aus Fable III. Unzählige Abenteuer hat er in seinem Leben bestanden, viele Menschen gerettet und das Böse zum wiederholten Male in die Flucht geschlagen. Ein gestandener Held also. Seine edle Kleidung zeigt: Er ist ein Mann von Welt. Dementsprechend ist sein Ruf: Dieser Held ist in ganz Bowerstone, ja, sogar ins ganz Albion bekannt. Plötzlich führt er zum Hühnertanz aus. Die Traube von Menschen feiert ihn frenetisch. Was zum Teufel ist hier los?

    So zeigt man in der Welt von Peter Molyneux' Fantasy-Epos Emotionen: anhand von Fürzen, Rülpsern und wildem Brustgeklopfe. Natürlich war Lionheads virtuelles Märchen schon immer für seine humoristische Seite bekannt, trotzdem wirkten diese Ausdrücke - für mich jedenfalls - albern und deplatziert. Fable ist, was die Darstellung von Gefühlen und Emotionen in Videospielen betrifft, wie viele andere Vertreter in diesem Medium noch weit von den tatsächlichen Möglichkeiten entfernt.

    Echte Liebe?

    Beziehungen sind ja ebenfalls so eine Sache. Auch wenn BioWare mit Mass Effect eine fantastische Trilogie produzierte, die besonders auf erzählerischer Ebene zu begeistern wusste, wirkten die intimen Verhältnisse zu den Crew-Mitgliedern aufgesetzt und oberflächlich. Anstatt sich wirklich um seinen Partner zu kümmern und sich mit ihm auseinanderzusetzen, ging es doch nur darum, ihn ins Bett zu bekommen. Es war die Belohnung für das Abarbeiten einer Check-Liste. Jede Art der Fürsorge brachte euch einen Schritt näher zum Ziel: einer Sexszene, die so gefühlvoll inszeniert wurde wie Werbung zu WC-Reinigern in den 90ern.

    Dadurch hört der Spieler vor dem Bildschirm auf so zu sein, wie er ist, beziehungsweise fällt er aus der Rolle, die er vorgibt zu spielen. Es geht nur noch darum, die richtigen Antworten zum passenden Zeitpunkt zu geben, um am Ende in irgendeiner Form zu profitieren. In Fire Emblem: Awakening verkuppelt ihr Mitglieder eurer Truppe. Es wird geheiratet und Nachwuchs in die Welt gesetzt. Toll, denn dadurch erweitert sich eure Party.

    Unter dem Gesichtspunkt der Spielmechanik mag das vielleicht genügen. Aber eine Beziehung ist viel mehr als das. Menschen wachsen und ziehen Kraft aus der Liebe des Partners. Beide sind gleichgestellt und haben Stärken, auf die der andere vertraut, sowie Schwächen, die akzeptiert werden.

    Ertrunken an den Tränen der Trauer

    Natürlich gibt es Gegenbeispiele. Final Fantasy VII wird vielen als Erstes einfallen aufgrund Aeris' Schlüsselszene mit Sephiroth. 1997 war so ein dramaturgischer Kniff in einem Videospiel nicht alltäglich. Generell scheinen, was destruktive Emotionen betrifft, Entwickler und Drehbuchschreiber mittlerweile richtig aufzublühen. Fast in jeder virtuellen Welt herrschen Trauer, Angst und Hoffnungslosigkeit quer über viele Genres verteilt.

    Sei es der emotionale Zerfall von Max Payne in der gleichnamigen Third-Person-Shooter-Serie von Remedy, sei es später dann Rockstar Games oder der Thriller Heavy Rain vom französischen Studio Quantic Dream. Auch Naughty Dogs The Last of Us zeigt eindrucksvoll, dass Spiele mittlerweile durchaus in der Lage sind, authentische Charaktere zu präsentieren, die Gefühle glaubwürdig vermitteln.

    Das ist aber immer noch keine Selbstverständlichkeit. Sogar in den tiefen Sphären der Melancholie und der Rache geht öfter mal einiges schief. Beispiel Watch_Dogs: Seit Aiden Pearce' Nichte bei einem Ausflug ums Leben kam, grummelt sich der Hacker so dermaßen engstirnig und eindimensional durch die futuristischen Straßen von Chicago, dass man schnell das Interesse an seiner persönlichen Vendetta verliert. Besonders die Beziehung zu seiner Schwester, die den Tod ihrer Tochter verkraften muss, gleichzeitig auf ihren anderen Sohn achtgibt und versucht, ein normales Leben zu führen, ist haarsträubend.

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    Als seine Verwandten entführt werden, ändert das an der Stimmung des Hackers wenig. Aiden ist ein emotionsloser Vollidiot, der auf niemanden hört und nur auf Vergeltung sinnt. Das Verhältnis zu seiner Schwester ist so gestört, dass sie und ihr Sohn irgendwann keine Rolle mehr spielen. Sie wurden einfach komplett aus dem Open-World-Spiel herausgeschrieben. Selbst am Ende gibt es keinen Verweis auf Nicole und Jack.

    So sind Spiele in den letzten Jahrzehnten einen weiten Weg gegangen und haben ein größeres Bewusstsein für glaubhafte Figuren und deren Verhältnisse zueinander entwickelt. Ausreißer nach unten wird es immer geben, so wie es in jedem Medium ist. Es gibt überall Licht und Schatten. Man wird sich also damit abfinden müssen, dass die Hüter in Bungies Sci-Fi-Epos Destiny auf Knopfdruck anfangen zu tanzen. Das mag zwar so gar nicht zum Ton des Spiels passen, aber zum Ton der Unterhaltungsform.

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