Special - Sid Meier's Civilization VI : Barbarossa und seine U-Boote
- PC
Wie immer haben sich die Civilization-Entwickler von Firaxis für die gamescom und die deutschen Fans etwas Besonderes aufgespart: Zur Spielemesse in Köln enthüllten sie Deutschland als spielbare Nation in ihrem kommenden Rundenstrategietitel Civilization VI.
Ein kurzer Interview-Termin und ein knappes halbes Stündchen Anspielzeit sind eigentlich viel zu wenig, um einen Strategietitel wie Civilization richtig zu würdigen. Gewöhnlich spielen wir an einer kompletten Partie vom steinzeitlichen Faustkeil bis zur Erforschung von Raumflug und Internet viele Stunden. Gereicht hat die Zeit trotzdem, um uns davon zu überzeugen, dass der Lauf der Zivilisation in Civilization VI nicht den gleichen Weg nimmt wie in den letzten 25 Jahren Civ-Geschichte und den fünf Vorgängerspielen. Die Entwickler haben sich nicht gescheut, alte Civilization-Grundregeln über Bord zu werfen, um ihr Spiel gehörig umzukrempeln. "Unstacking", also das "Entstapeln" der Städte, steht diesmal auf dem Programm.
Wo Civilization V Schluss mit der Praxis machte, riesige Armeestapel auf einem Feld zu parken und dann mit diesem "Stapel des Todes" dampfwalzenartig Krieg zu führen, nimmt sich Civilization VI die Städte und ihre Gebäude vor. Kornkammern, Tempel, Aquädukte und Universitäten waren traditionell in Civilization immer nur als Listeneinträge im Stadtmenü zu sehen. Civ VI lagert all diese Stadtausbauten ins Umland aus, in vor der Stadt gelegene Hexfelder. Dort errichten wir zur Erweiterung unserer Metropolen sogenannte Distrikte. Die dürfen wir dann - je nach Typ - mit Gebäuden aufrüsten.
In einem Industriedistrikt zum Beispiel macht sich eine Fabrik gut, während religiöse Distrikte von Tempeln und Schreinen profitieren. Selbst Weltwunder wie Pyramiden, Hängende Gärten und der Koloss von Rhodos benötigen jetzt ihr eigenes Hexfeld als Standort. Durch die Distriktplatzierung und die daraus erwachsenden Nachbarschaftsvorteile entsteht eine reizvolle Optimierungsspielebene, die auch friedfertiger gesinnten Spielern eine Menge Tüftelei bietet.
Noch mehr tüfteln dürfen wir mit dem neuen Kartensystem, bei dem wir je nach Fortschritt und Regierungsform bestimmte Erlasse und Edikte als Bonusoptionen einsetzen und immer wieder tauschen können. Die sind in wirtschaftliche oder militärische oder Forschungskategorien eingeteilt; eine Republik darf zum Beispiel mehr Wirtschafts- und Forschungskarten sockeln als eine Diktatur.
Das bringt uns zurück zu Deutschland. Angeführt wird das deutsche Reich in Civilization VI von Kaiser "Rotbart" Barbarossa persönlich, der anscheinend seinen Schlaf unter dem Kyffhäuser-Berg erfolgreich beendet hat. Unter seiner weisen Regentschaft darf die deutsche Regierung immer eine militärische Politikbonuskarte mehr einsetzen als andere Nationen. Mit dem Hansedistrikt hat Deutschland Zugriff auf einen speziellen Industriedistrikt, der von benachbarten Kommerzdistrikten profitiert. Spezialeinheit der Deutschen ist diesmal nicht der Panzer, sondern das U-Boot - eine besonders günstige Marineeinheit, die vor allem auf Ozeanfeldern effektiv zuschlägt.
Optisch macht Civilization VI einen astreinen Eindruck. Unsere Befürchtung, die Grafik sei zu cartoonig und knuffig geraten, wird beim ersten Blick auf die Karte zerstreut. Bei hohem Einheitenaufkommen und sobald alle Städte einen Menge Distrikte und Gebäude um sich herum angehäuft haben, ist uns die Lesbarkeit der Grafik wichtiger als detaillierte Gürtelschnallen an den Wämsern unserer Bogenschützen. Ob Civilization VI auch im Langzeitmodus genausoviel Spaß macht wie seine Vorgänger? Die Entwickler haben sich jedenfalls viel Mühe gegeben, festgefahrene Standardstrategien zu vermeiden und den Verlauf einer Partie an die jeweiligen strategischen Gegebenheiten anzupassen.
Siedeln wir etwa an der Küste und verlagern wir unsere Aktivitäten aufs Meer hinaus, bekommen wir auch in dieser Richtung fette Forschungsboni. Gleiches gilt für jede andere Art von Aktivität im Spiel: Barbaren besiegen, Rivalen treffen, Steinbrüche errichten. Jede dieser Aufgaben kann einen bestimmten Eureka-Moment auslösen, der das Schwungrad unserer Forschung kräftig beschleunigt. Daher lohnt es sich, adaptiv zu spielen und nicht nach Fahrplan.
Schlussworte
Der kleine Schock über die Optik im Comicgrafik saß zwar etwas tief, stellt sich aber mit jeder neuen Vorschau und jedem neuen Material doch als glücklicher Griff heraus. Die Hardcore-Städteerbauer unter euch mag zwar immer noch die vermeintlich niedliche Grafik quer im Magen liegen, sie hat aber keinerlei Auswirkung auf die Komplexität des Spiels. In der zwar knapp bemessenen gamescom-Zeit von nur zwanzig Minuten entwickelte sich bei mir relativ rasch das „Nur-noch-eine-Runde“-Gefühl und das ist die Hauptsache bei Civilization.
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