Preview - Observation : Im Weltraum hört dich niemand schreien
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Schauplatz: eine Raumstation im Erdorbit. Wir befinden uns in einer gar nicht so fernen Zukunft. Ein Unglück auf der Station hat dazu geführt, dass sie schwer beschädigt wurde, die Kommunikation zur Außenwelt abgeschnitten ist und alle Besatzungsmitglieder tot (oder einfach nur auf rätselhafte Weise verschwunden?) sind. Alle, bis auf eines: die Astronautin Emma. Doch ihre Rolle übernehmt ihr nicht im neuen Spiel von Devolver und No Code, den Machern des sagenhaften Stories Untold. Stattdessen spielt ihr: SAM, die Künstliche Intelligenz der Raumstation.
„Am Anfang der Entwicklung stand für uns die Frage: Wie wäre es, ein Spiel im Stile von 2001 – Odyssee im Weltraum zu spielen? Nur dass man nicht einen der Astronauten spielt, sondern HAL?“, erklärt Chefentwickler Jon McKellan die zündende Idee hinter seinem neuen Spiel Observation. Ihr erinnert euch: HAL 9000 war der Name der Künstlichen Intelligenz an Bord des Raumschiffs Discovery, die sich schließlich gegen die Besatzung wendet und versucht, sie zu töten, weil er in ihr eine Gefährdung für die Mission sieht.
Hänschenklein ging allein ...
In Observation müsst ihr jedoch niemanden töten. Im Gegenteil geht es darum, der einzigen Überlebenden Emma zu helfen. Ein mysteriöser Unfall hat große Teile der Raumstation beschädigt. Die Kommunikation zur Erde ist unterbrochen. Sämtliche Besatzungsmitglieder sind vermeintlich tot oder auf rätselhafte Weise verschwunden. Viele der stationsinternen Systeme funktionieren nicht mehr.
Wie HAL im Filmklassiker 2001 seht ihr die Welt aus der Perspektive von fest installierten Kameras an Bord der Station (später auch einer mobilen Roboterdrohne) und benutzt eure Computerroutinen, um auf die verschiedenen Systeme der Station zuzugreifen. So müsst ihr euch zunächst in die Steuerung der Tür einklinken, um Emma aus dem angedockten Modul zu befreien, in dem sie zu Beginn festsitzt. Anschließend wechselt ihr die Kamera in den angrenzenden Raum, wo ihr die junge Frau dabei beobachtet, wie sie versucht, Kontakt mit ihren Kollegen aufzunehmen. Vergeblich.
Die Story: ein großes Rätsel
Was ist geschehen? Wie kam es zu dem plötzlichen Unfall? Wo sind die anderen Besatzungsmitglieder, und warum fehlt von ihnen jede Spur? Diese Fragen wirft Observation als Brotkrumen für die Geschichte in den Raum, die es genüsslich aufzuklauben gilt. Zunächst gilt es aber ganz hemdsärmelig, Emma dabei zu helfen, Oberwasser über die Havariesituation zu gewinnen: Zugang zu essentiellen Bereichen der Station zu erlangen oder einen Brand unter Kontrolle zu bringen, der als Folge des Unfalls in einem Labor wütet.
Doch schon bald säen die Entwickler Zweifel an dem, was wir sehen und tun. „Bring sie zu mir“ lautet eine geheime Botschaft, die wie ein unheiliges Echo durch den Geist in der Maschine hallt. Wer spricht da mit uns? Ein mysteriöser Drahtzieher? Eine außerirdische Macht? Ist derjenige womöglich verantwortlich für die Katastrophe an Bord? Oder sind wir es etwa selbst? Spielen wir als Spieler eben nicht das digitale Heinzelmännchen, wie es uns das Spiel glauben lässt, sondern sind wir lediglich Vollstrecker eines ebenso bösartigen Computerprogramms, wie HAL es war?
Diese Fragen heben den Spannungspegel von Observation von Anfang an auf Anschlag. Dass sich die Entwickler auf meisterlich erzählte Geschichten bestens verstehen, haben sie bereits mit ihrem ebenso ungewöhnlichen wie packenden Stories Untold gezeigt. Observation dürfte dem in nichts nachstehen. Durch seinen gespenstisch-unheimlichen Grundton wird das Spiel in der Berichterstattung häufig fälschlicherweise für ein Horrorspiel gehalten. Von dieser Erwartung solltet ihr euch lösen. Observation ist viel eher ein Science-Fiction-Thriller, der seinen Fokus auf Mindfuck-Mystery und eine raffinierte Spannungsdramaturgie setzt, aber keinen Horror mit billigen Jumpcares und Schauereffekten inszeniert.
Die Module spiel'n verrückt
Indem uns Observation nicht in die Rolle der Überlebenden Emma, sondern in die des Schiffscomputers versetzt, erschafft es einen ständig ambivalenten, bisweilen verstörenden Blickwinkel auf das Geschehen: Wenngleich der Spieler als KI fast schon gottgleich über die Raumstation herrscht, sich blitzschnell und völlig frei von Raum zu Raum bewegt, indem man einfach eine andere Kamera anwählt und nach Belieben Türen öffnet und Datenbanken anzapft, wird jedes Ereignis gleichzeitig von einem bedrückenden Gefühl der Ohnmacht überlagert, weil man gefangen in den eigenen Schaltkreisen und abgeschnitten von der Außenwelt diese nur wie durch ein Schlüsselloch wahrnimmt und dem Geschehen in Ermangelung eines Körpers lediglich beiwohnt, statt es zu bestimmen.
Observation wird seine Faszination zweifellos aus seiner Geschichte und ihrer ungewöhnlichen Vermittlung beziehen. Spielerisch setzt es sich, wie auch schon Stories Untold, etwas unentschlossen zwischen die Stühle. Die Rätsel, wenn man sie denn so nennen will, werden in der ersten von uns angespielten Stunde dominiert von Minigames, in denen wir die Schließmechanismen verriegelter Türen knacken und das Magnetfeld eines defekten Generators justieren. Immer wieder schlich sich während unserer Anspielsitzung das Gefühl ein, Observation täte gut daran, sich noch mehr auf die Sogwirkung seiner Geschichte zu verlassen und das Gameplay noch stärker als das zu behandeln, als das es ohnehin erscheint: Beiwerk.
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