Special - Gamehotel – Interview : Die Produzentin spricht über Gamehotel
GW: Derzeit sind Musikspiele ja vor allem in den USA ein riesiger Hit. Du hast diesen Trend nicht zuletzt durch den häufigen Gamehotel-Gast Alex Rigopulos schon deutlich vor dem Durchbruch von Guitar Hero & Co. erkannt. Und im Gamehotel 2008 wird Lips-Designer Keiichi Yano dabei sein. Woran, denkst du, liegt der Erfolg dieses ja eigentlich recht alten Genres und wird dieser Trend noch lange anhalten?
TC: Das Genre ist in Japan schon lange erfolgreich. Das japanische Musikspiel Guitar Freaks aus dem Jahr 1998 zum Beispiel hat viele Gemeinsamkeiten mit Guitar Hero. Alex Rigopulos und Harmonix haben das Bemani-Konzept weiterentwickelt und damit den Geschmack des westlichen Publikums getroffen. Musikvideospiele wie Guitar Hero, Rock Band, SingStar und das aktuelle Lips zeigen, in welchem Maße der Faktor Spiel das Lebensgefühl der mit interaktiven Medien sozialisierten User trifft. Man will Musik nicht mehr nur hören, sondern selbst damit spielen. Musikspiele werden immer mehr zu eigentlichen Musikdistributionsplattformen, wie die massiven Song-Download-Zahlen von Rock Band zeigen. Sie werden auch zunehmend cross-medial eingesetzt, in Karaoke-Sendungen im Fernsehen zum Beispiel. Damit sie sich als eigenständiges Genre allerdings langfristig erfolgreich etablieren, braucht es neue Titel, die mit innovativen Spielmechaniken und Ideen aufwarten. In diesem Kontext wird es spannend sein zu verfolgen, was Keiichi Yano mit Lips noch alles vorhat.
GW: Auf der Sony World 2008 hat Gamehotel-Direktor Bruno Beusch einen interessanten Blick in die Zukunft der Videospiele geworfen. Das Medium geht immer mehr in Richtung Mainstream abseits der ausgetretenen Hardcore-Gaming-Pfade und für immer mehr Konsumenten sind Spiele etwas Alltägliches. Weshalb hat man diesen Trend in den späten 80er- und 90er-Jahren nicht vorhergesehen? Stattdessen glaubte man damals ja, dass die Zukunft in der zunehmenden Immersion der Spieler in virtuelle Welten mittels 3D-Brillen, VR-Helmen, Datenhandschuhen und Ähnlichem liege.
TC: Mit der Wiimote oder dem Wii Balance Board verfolgt Nintendo im Kern ähnliche Ideen. Gemeinsam ist den Ansätzen der Virtual Reality von damals und vielen verschiedenen Ansätzen von heute die Absicht, die Immersion der Spieler in virtuelle Spielwelten zu verstärken. Und im Unterschied etwa zum unglücklichen Virtual Boy Mitte der 90er-Jahre, einer Virtual-Reality-Brille, funktioniert das heute auch. Damals waren solche neuartigen Konzepte ihrer Zeit noch voraus und häufig fehlten die technologischen Voraussetzungen, um das für den Massenmarkt überzeugend umzusetzen. In solchen Ansätzen liegt nach wie vor ein gigantisches Potenzial. Und Spielwelten, die wir mit unseren Gedanken steuern können, sind da nur der nächste Schritt.
GW: Eigentlich müsste man glauben, dass die ganze Killerspieldebatte längst nachlassen müsste, schließlich sind Videospiele längst ein Massenmedium. Gerade mit Blick auf Deutschland, den zunehmenden Cuts in deutschen Versionen von Actionspielen und den neuerdings großen USK-Logos auf den Packungen scheint es jedoch eher Rückschritte als Fortschritte zu geben. Weshalb ist das so? Ist Besserung in Sicht?
TC: Die Alphabetisierung in Bezug auf das Medium Games schreitet rasant voran. Immer mehr Leute an zuständigen Stellen in der Politik und in den Medien haben erkannt, dass Videospiele längst in unserem Alltag angekommen sind, und stellen sie in die Reihe der etablierten Unterhaltungsmedien wie Film und Musik. In Frankreich ist man in dieser Hinsicht schon sehr weit. Die Debatte wird sich auch im deutschen Sprachraum in absehbarer Zeit normalisieren. Wahlstrategisch motivierte Polemik wird seriöser Aufklärungsarbeit über kurz oder lang das Feld räumen, da mache ich mir keine Sorgen.
GW: Abschließende Frage: Was für Titel spielst du zurzeit am häufigsten und auf welches angekündigte Videospiel freust du dich am meisten?
TC: In meiner Funktion als Executive Producerin von Gamehotel schaue ich mir grundsätzlich alles an, was auf den Markt kommt, aber nicht immer mit gleichem Interesse. Wenn ich weiß, dass eine Persönlichkeit aus der Entwicklerszene an einem neuen Titel arbeitet, schaue ich ganz genau hin. Ebenso wenn ich weiß, dass ein Newcomer am Werk ist. Es gibt immer wieder Titel, die mich besonders überraschen und faszinieren. Ein solcher Titel war zum Beispiel Portal. Das hat wieder mit der Entwicklungsgeschichte zu tun. Ich habe Portal noch als Narbacular Drop kennen gelernt, als Indie-Titel, den Kim Swift und ihre Freunde als Abschlussarbeit beim DigiPen Institute präsentiert haben. Das originelle Spielkonzept stand, was aber noch fehlte, war eine erfahrene Entwicklerschmiede, die ihrer Idee eine Chance gab. Valve hat das Potenzial von Narbacular Drop, von Kim und ihrer Gruppe erkannt und sie alle eingestellt. Bei Valve wurde aus dem anfänglichen Narbacular Drop nach fast zweieinhalbjähriger Entwicklungszeit schließlich sein genialer spiritueller Nachfolger Portal. Auf welches angekündigte Videospiel ich mich am meisten freue? Auf Keiichis Lips, auf Mirror's Edge und am meisten auf LittleBigPlanet unseres Freundes Mark Healey. Das ist einer der Titel, bei denen ich vor lauter Begeisterung bisweilen fast das Spielen vergesse! (lacht)
GW: Besten Dank für das Interview!
TC: Vielen Dank an Euch!
Kommentarezum Artikel