Special - Adventure - Special: Interview mit Frogwares : Special

gamesweb.com: Bei 'Sherlock Holmes und das Geheimnis des Silbernen Ohrrings' habt ihr euch besonders in Hinblick auf die Charaktere stark an die originalen Bücher gehalten, was natürlich eine gute Entscheidung sein könnte. Doch beim Spielen habe ich mich oft gefragt: Muss Holmes wirklich so arrogant sein? Der arme Dr. Watson! Meinst du nicht, es ist etwas schwierig, sich mit solch einem Hauptcharakter zu identifizieren?

Wael Amr: Ich sehe es genau andersrum: Ein Held, der immer wie der perfekte Schwiegersohn auftritt, ist langweilig, äußerst langweilig – der couragierte, ehrliche, clevere und attraktive Held ist lästig. Sherlock ist ein Mensch und Schwächen und Stärken, die – wie bei uns allen – seinen Charakter ausmachen. Im Falle von Holmes ist es seine Intelligenz. Er ist so intelligent, dass er alles im Bruchteil einer Sekunde sieht, beobachtet und seine Schlüsse daraus zieht. Er kann dein Leben, deine familiäre Situation, deine vergangenen, gegenwärtigen und zukünftigen Krankheiten in nur wenigen Sekunden abschätzen, in denen er dich anschaut. Und er ist von Leuten genervt, die langsamer sind als er. Wenn du nur mit Leuten arbeiten würdest, die ein Zehntel deiner Geschwindigkeit haben, was würdest du ihnen sagen, wenn sie dich mit offensichtlichen Banalitäten langweilen? Du würdest vermutlich auch hin und wieder arrogant sein.

70 Prozent unserer Spieler sind Frauen und Frauen wollen keinen perfekten Mann. Sie wollen etwas Besonderes, etwas Überraschendes und sie mögen Sherlock: Er hat Manieren, ist gebildet, geheimnisvoll, poetisch, verzweifelt, wenn er nichts zu tun hat, und außergewöhnlich intelligent. Viele Holmes-Fans sind oder waren Frauen, besonders als Jeremy Brett Holms im Fernsehen verkörperte: Sein Charisma machte ihn unglaublich attraktiv – er zeigte so gut wie niemand zuvor die Stärken und Schwächen von Sherlock.

Watson ist Sherlocks einziger Freund, er hat ihm sogar heimlich Teile seiner Arztsachen über einen anderen Doktor zurückgekauft, damit er sicher sein konnte, dass Watson immer bei ihm bleiben würde. Aber Beziehungen mit Sherlock Holmes sind nicht einfach: Er manipuliert gerne, aber hat doch Moral. Um es zum Ende zu bringen: Sherlock Holmes ist nicht perfekt, aber außergewöhnlich; seine Schwächen sind ebenfalls gute Gründe, ihn zu mögen.

gamesweb.com: Bleiben wir noch kurz bei der Interpretation von Sherlocks Charakter. Welchen Holmes-Darsteller bevorzugst du persönlich?

Wael Amr: Wie schon zuvor angerissen, ist Brett eindeutig mein Favorit: Er konnte Apathie, Entmutigung, Depressionen und Enthusiasmus darstellen. Manchmal ein wenig zu gekünstelt, aber immer menschlich und voll von Emotionen.

gamesweb.com: Nun würde ich gerne über das dritte 'Sherlock Holmes'-Spiel reden, das ihr vor wenigen Wochen angekündigt habt. Es soll erstmals eine echte 3D-Engine verwenden und Holmes durch die Welt reisen lassen. Das ist eine ganz schöne Veränderung, oder? Ich kann mich nicht erinnern, dass Holmes so oft das gute alte England verlassen hat.

Wael Amr: Er ist in die Schweiz gegangen, um zu sterben, und ist in London wenige Jahre später wiederauferstanden. 'Sherlock-Lazarus' war außerdem in Frankreich. Aber in vielen Geschichten lesen wir von Indien (Im Zeichen der vier), Amerika (Die Wüste der Furcht), Russland und Frankreich (Der zweite Fleck). Wir wollen ihn England verlassen lassen: Menschen sind überall gleich für ihn, das Verbrechen kennt keine Grenzen, Sprache und Kultur sind keine echten Hindernisse für Sherlock. Amerika und Schweiz sind für das Spiel geplant.

gamesweb.com: Was genau können wir von dem nächsten Spiel erwarten? Wird es mehr Action- und Schleicheinlagen geben oder sich wie 'Der silberne Ohrring' spielen?

Wael Amr: Der Fall wird dynamischer sein, aber es sind keine vollständigen Action-Sequenzen geplant. Wir verwenden die Technologie in einer Weise, den Spieler mehr in das Geschehen zu ziehen, was nicht unbedingt ein Grund ist, das Gameplay gewaltig zu verändern. Es ist klar, dass eine 3D-Engine das Gameplay offener macht und das werden wir verwenden, aber es muss subtil sein und zum Charakter passen.