Test - Forza Horizon 4 : Nicht viel Neues – aber irre geil
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Ein Rennspiel-MMO?
Permanentes Online-Spiel birgt natürlich einige Gefahren. So mancher Troll könnte eure Karriere mit Absicht torpedieren, ungeschickte Anfänger könnten euch mit ungestümen Manövern die Laune vermiesen. Um dem entgegenzuwirken, verwandelt Playground alle Teilnehmer auf der Weltkarte in Geist-Piloten ohne Kollision. Auf Wunsch könnt ihr auch eine private Sitzung eröffnen, bei der nur eingeladenen Freunde teilnehmen können. Innerhalb geschlossener Renn-Instanzen mit bis zu 12 Kontrahenten ist die Kollisionsabfrage natürlich wieder aktiv, sonst wär's ja witzlos.
Angesichts der Geisterregelung gibt es aber wenig Grund sich abzuschotten. Selbst die Rückspulfunktion ist unabhängig vom Verhalten anderer Spieler. Während ihr zurückspult, um einen Fahrfehler zu korrigieren, fahren sie weiter. Das hebelt den Sinn dieser Funktion in Rennveranstaltungen freilich aus, sofern ihr die Rennen nicht solo angeht, was auch innerhalb einer Online-Sitzung möglich ist.
Dadurch stellt sich aber auch die Frage, ob Forza Horizon 4 wirklich als Rennspiel-MMO durchgeht. Ja, es ist gesellig (und ob!) und ja, man kann vieles gemeinsam tun. Aber wenn man auf der Weltkarte buchstäblich aneinander vorbeifährt, findet die meiste Zeit kein gemeinsamer Spielablauf statt. Man ist sozusagen gemeinsam einsam. Mir widerstrebt es dennoch, dies als negativen Kritikpunkt anzukreiden. Angesichts der Gewohnheiten aus früheren Forza Horizon-Teilen wäre ein zu großer Einfluss aufeinander sicherlich kontraproduktiv.
Die Geister-Lösung erlaubt euch, weiterhin alles zu tun, was zuvor möglich war - etwa in Ruhe den Foto-Modus genießen oder sich durch winzige Gassen quetschen, um eines der versteckten Einfluss-Schilder zu erwischen. Mit standardmäßig eingeschalteter Kollision wäre Chaos garantiert und so etwas wie die Live-Forzathons quasi unmöglich.
Ein Grafikspektakel in 4K oder 60 FPS
Kritik an der Geisterlösung wäre ebenfalls fehl am Platz, weil Forza Horizon 4 nach wie vor ein Arcade-Erlebnis bleibt. Klar geht es um Autorennen mit Konkurrenten, aber im Kern lebt dieses Spiel vom freien Fahren und vom Ergötzen an einer prachtvollen Technik. Aus keinem anderen Grund baut Playground so sinnfreie und zugleich höchst unterhaltsame Events ein wie ein Wettrennen gegen ein Luftkissenfahrzeug, das mit spektakulären Sprüngen begeistert. Oder wie wäre es mit einer militärisch angehauchten Trainingsmission in einem Warthog mit dem Masterchief aus Halo? Bei dieser Gelegenheit könnt ihr sogar einen Planetenring am Horizont erspähen.
Bei solchem Firlefanz gehen mir die Augen über und mein Technik-Herz flattert im Kolibri-Takt, weil meine Xbox One X das Ganze endlich in 60 Bildern pro Sekunde darstellen darf – wenn auch nur zum Preis einer auf 1080p geschrumpften Auflösung. Gestochen scharfe 4K-Grafik gibt es auf der Konsole nur bei 30 FPS. Und wer eine Standard-Xbox One verwendet (beziehungsweise das S-Model) muss auf die 60Hz-Option sowieso verzichten.
Jetzt mal Butter bei die Fische: Sicher geht einem bei nativer 4K-Grafik einer ab, aber wenn ich bei einem Rennspiel die Wahl zwischen 4K und 60 FPS habe, gewinnt immer die hohe Bildrate. Das geschehen sieht dadurch ja nicht nur flüssiger aus. Auch die Zugriffszeit über den Controller oder ein Lenkrad wird automatisch halbiert, was in besseren Rundenzeiten resultiert.
Ein Schenkelklopfer für PC-Gamer. Mit entsprechender Hardware unter der Haube brauchen sie sich nicht zwischen diesen beiden Optionen zu entscheiden. Wer die Grafikqualität an einigen Stellen (stark) herunter dreht, kann selbst mit einer Geforce GTX 1060 sowohl 60 FPS als auch 4K-Auflösung genießen, rangiert dabei jedoch unterhalb der Konsolenqualität.
Für meinen PC habe ich einen zufriedenstellenden Mittelweg gewählt, nämlich eine Custom-Auflösung von 1800p, die ich meiner Geforce 1070 aufgezwungen habe. Die garantiert bei mittlerer bis hoher Grafikqualität die vollen 60 Bilder. Wer Schatten, Texturen und Co. auf Anschlag schalten will, kommt um eine GTX 1080Ti nicht herum. Und braucht dazu natürlich einen Intel Core i7, i9 oder eine neue Ryzen-CPU. Was vielen PC-Spielern abgehen dürfte ist allerdings die HDR-Farbpracht mangels tauglicher Monitore. Und glaubt mir, da verpasst ihr was.
Die Xbox-One-X-Version fährt in beiden Grafikvarianten immer auf der mittleren Qualitätsstufe der PC-Fassung, allerdings kommen bei 60 FPS einige Schnitzer zutage. Etwa recht spät nachladende Texturen, wenn man durch die Stadt Edinburgh düst. So manche Hausfassade wird erst zehn Meter vor der Nase scharf, wobei das kein durchgängiges Problem darstellt, sondern nur an extrem dicht bebauten Kreuzungen vorkommt.
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