Test - Far Cry Primal : Das Steinzeitabenteuer im Test
- PS4
- One
Der ultimative Sammelwahn
Mit dem Braunbären, dem Säbelzahntiger und dem Jaguar ist man für jede Situation gut gewappnet. Einige gibt es als seltene Version, die in einem der drei Attribute Schleichen, Stärke und Geschwindigkeit besonders gut ist. Das hat Sammelcharakter. Es ist allgemein von Vorteil, alles zu horten, was ihr in die Finger bekommt. In den letzten Ablegern konntet ihr schon kräftig die Umgebung plündern, um daraus Kohle zu machen und Ausrüstung zu kaufen. In Far Cry Primal ist das Sammeln essenziell: Aus eurem Loot zimmert ihr euch Waffen sowie Gegenstände und baut euer Dorf wieder auf, wodurch ihr Zugriff auf neue Objekte und Fähigkeiten bekommt.
Das unterhält durchaus, denn so bekommt die Jagd auf andere Tiere eine Relevanz. Ihr braucht ihr Fell, Fett, Knochen und Fleisch. Ihr werdet für die Jagd also in einer Form entlohnt, die dem Aufwand gerecht wird. Aber es gibt die andere Seite der Medaille: Geistertotems, Wenja-Armbänder, Izila-Masken, Daysha-Hände und Höhlenmalereien wollen gefunden und eingesackt werden. Davon sind unzählige in Oros verteilt. Sie alle zu finden wird dem Komplettisten in euch auf die Palme bringen. Viele dieser Dinge hätte es nicht gebraucht.
Ubisoft verabschiedet sich vollends von einer geradlinigen Erzählweise. Zwar holt ihr euch bei wichtigen Charakteren eure Aufträge ab, aber es gibt nicht mehr die typischen Hauptquests. Die Prioritäten setzt ihr: Wollt ihr erst zum Meisterjäger werden, dann kümmert euch um Jayma. Möchtet ihr euch lieber den feindlichen Stämmen widmen, dann erfüllt die Missionen von Tensay und Sayla. Leider führt das dazu, dass nach dem Abschließen einer bestimmten Questreihe kein befriedigendes Gefühl aufkommen möchte. Das liegt auch daran, dass nur wenige Missionen aus dem Einheitsbrei herausstechen.
Auf Nummer sicher
So verwundert es auch nicht, dass sich mit den bereits erwähnten Außenposten, den zufälligen Ereignissen, unbekannten Orten und natürlich den Ubisoft-Türmen das Team aus Montreal bei den eigenen bekannten Formeln aus dem Far-Cry-Universum bedient. Zumindest die Türme sind aber nicht mehr so furchtbar nervtötend. Anstatt mühselig einen Funkturm zu erklimmen, befreit ihr die Umgebung von Gegnern und zündet dann ein riesiges Leuchtfeuer an. Sie dienen euch als Schnellreisepunkt, geben etwas Erfahrungspunkte und bescheren eurem Dorf neue Bewohner. Sie sind auch eine Art Ressource, die ihr benötigt, um die Hütten der namhaften Wenja-Charaktere zu verbessern.
Far Cry Primal ist simpel: Ihr erstellt alles mit einem einfachen Knopfdruck. Selbst wenn euch auf der Jagd die Pfeile ausgehen, könnt ihr im Waffenrad ganz unkompliziert neue basteln. Das kommt dem Spielfluss zugute. Far Cry Primal ist spielerisch vielleicht nicht der mutigste Vertreter, dafür greifen aber alle Zahnräder der Spielmechanik geschmeidig ineinander. Aufgrund der offenen Welt stehen euch jederzeit viele Türen offen. Für Schleicher wie für die Haudrauffraktion gibt es genügend Werkzeuge, um sich in beiden Spielstilen entsprechend auszutoben.
Es gibt zwar kein Maschinengewehr, aber Feinden durch einen Speerwurf das Leben zu nehmen, ist befriedigend. Man vermisst die neumodischen Kriegswerkzeuge zu keinem Zeitpunkt, da euer Waffenarsenal das Nötigste abdeckt. Außerdem dürft ihr jede Waffe anzünden und so auf alternative Einsatzmöglichkeiten zugreifen.
Das schönste Far Cry
Trotz der Nummer-sicher-Strategie ist Far Cry Primal der mutigste Vertreter der Serie. Das liegt an der Steinzeit. Diesbezüglich hat sich Ubisoft nicht lumpen lassen. Von der ersten Sekunde an, wenn ihr zum ersten Mal Oros betretet, zieht euch diese Welt in ihren Bann. Egal ob ihr den eisigen Norden erkundet und aufpassen müsst, nicht zu erfrieren, oder die malerischen Waldlandschaften erkundet: Oros ist eine offene Welt, in der ihr gerne Zeit verbringen werdet. Es ist auch eine lebendige Welt. Ihr trefft andere Wenjas, die durch die Natur streifen, könnt Tiere bei der Jagd beobachten und euch an den schönen Lichteffekten ergötzen, die durch die Baumkronen blitzen.
Nachts wendet sich das Blatt: Die einst so wunderschöne Kulisse wird zu einem gespenstischen und gefährlicheren Ort. Wölfe ziehen in großen Rudeln durch die Gegend und machen Jagd auf alles, was nicht bei drei auf den Bäumen ist. Anfangs solltet ihr euch nur vorsichtig fortbewegen oder im Lager auf die faule Haut legen, um bis zum Sonnenaufgang zu schlafen. Später, wenn ihr Takkar ordentlich aufgelevelt und ein starkes Raubtier an eurer Seite habt, könnt ihr auch nachts die Welt erkunden.
Die Dunja Engine, die schon bei den vorherigen Teilen verwenet wurde, lässt eindrucksvoll ihre Muskeln spielen. Zwar gab es während unserer Testphase vereinzelt Auffälligkeiten wie Gegner, die in Felsformationen steckten, oder eingefroren in der Gegend herumstanden, aber abgesehen davon macht das Spiel einen technisch ausgereiften Eindruck. Der heimliche Star neben der Spielwelt ist jedoch die Klangkulisse. Ihr bekommt eine steinzeitliche Sprache serviert, die Ubisoft von einem Team aus Sprachexperten kreieren ließ, und auch die Umgebungsgeräusche in der Welt sind hervorragend. Sie verstärken die fantastische Atmosphäre zusätzlich.
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