Test - Face Noir : Film-Noir-Adventure
- PC
Authentisch, aber über das Ziel hinausgeschossen sind die Aufgaben, die unter Zeitdruck gelöst werden müssen. Vor allem das immer wieder vorkommende fummelige Öffnen von Schlössern mittels eines Dietrichs gehört zu den Rätseln, bei denen ihr spätestens nach dem fünften misslungenem Versuch den unwiderstehlichen Drang verspürt, die Entwickler zu erwürgen. Ein Verhör, bei dem ihr in Sekundenschnelle die richtige, aber nicht immer ehrliche Antwort geben müsst, fällt ebenfalls in diese Kategorie. Völlig überflüssig ist auch eine Labyrinthpassage. Dieses Thema sollte doch spätesten seit Indiana Jones und der Letzte Kreuzzug vom Tisch sein.
Lange und holprige Wege
Wie in einem authentischen Detektivabenteuer nicht anders zu erwarten, kommt in Face Noir natürlich auch einiges an Laufarbeit auf euch zu. In diesem Fall heißt das, dass ihr ständig mit dem Taxi in New York herumdüst. Es passt natürlich zur Logik der Geschichte, wenn ihr zu Recherchezwecken vom Polizeiarchiv zu eurem Büro, wieder zum Polizeiarchiv und dann zu einem Tatort fahren müsst, aber eine Karte mit schnellem Zugang zu den Schauplätzen hätte den ständigen Weg über das Taxi durchaus abkürzen können. Allerdings stört es nicht allzu sehr und unterstützt die glaubwürdige Stimmung des Spiels. Ganz nett ist die Idee, bestimmte Aktionen, wie zum Beispiel das Schlösserknacken, mit Mausbewegungen direkt ausführen zu müssen. Das klappt meistens recht gut, aber an manchen Stellen ist die Steuerung etwas zu hakelig, sodass hier schnell Frust aufkommen kann.
Die Steuerung ist generell etwas gewöhnungsbedürftig. So ist die linke Maustaste ausschließlich zum Anschauen von Gegenständen oder Personen gedacht. Alle weiteren Interaktionen wie Aufnehmen, Benutzen oder Reden werden über die rechte Maustaste angesteuert. Die Auswahl muss dann allerdings noch mit links bestätigt werden. Dasselbe gilt für Gegenstände im Inventar. Dieses poppt übrigens nicht wie in den meisten aktuellen Spielen am Bildschirmrand auf, sondern wird bildschirmfüllend geöffnet und muss dann erst wieder geschlossen werden. Auch wenn man sich nach einiger Zeit an diese Art der Bedienung gewöhnt, ist sie doch unnötig umständlich.
Warum die Entwickler eine Steuerung jenseits der Konventionen programmiert haben, die keinerlei Vorteile für die Bedienung bringt, ist uns schleierhaft. Ansonsten funktioniert Face Noir wie jedes andere Point-&-Click-Adventure. Bewegt wird der Charakter per Mausklick. Mit Doppelklick verlasst ihr Durchgänge ohne Verzögerung und überspringt Dialoge und Zwischensequenzen. Von der Hotspot-Anzeige abgesehen bietet Face Noir keine weiteren Hilfsfunktionen wie zum Beispiel ein Tagebuch. Das ist aber vielleicht auch besser so, da dies der Erzählweise mit den Off-Kommentaren entgegenkommt und der Spielfluss nicht unnötig unterbrochen wird.
Eine düstere Zeit
Die Grafik von Face Noir ist ein zweischneidiges Schwert. Die Bilder wirken in ihrer sehr düsteren und schattenreichen Sepia-Optik sehr authentisch und vor allem stilvoll. Das ist zwar auch in den Nahansichten noch so, allerdings sind während der Dialoge die Köpfe der Figuren nicht besonders ansehnlich. Auch die Animationen hat man im Genre schon besser umgesetzt gesehen, die Figuren bewegen sich eckig und steif. Wirklich gelungen sind hingegen die Zwischensequenzen, die, im Graphic-Novel-Stil gezeichnet und mit den Off-Kommentaren versehen, ganz der Film-Noir-Atmosphäre verpflichtet sind.
In dieses Horn stößt buchstäblich auch der Sound. Neben der wirklich professionellen Synchronisation der Stimmen, vor allem beim Voice-over des Protagonisten, ist vor allem der coole Jazz-Soundtrack ein echter Ohrenschmaus, selbst wenn ihr kein Jazz-Fan seid. Der Soundtrack erinnert in der Tat an die Film-Noir-Klassiker und lässt die Atmosphäre der Dreißiger-Jahre wieder aufleben.
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