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Test - Deus Ex: Human Revolution : Die hässliche Enkelin

  • PC
  • PS3
  • X360
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Viele kleine Macken

Auch im allgemeinen Verhalten fehlt es hier und da an Logik. Da kann es schon mal passieren, dass ihr in einem Polizeirevier Ärger verursacht, einige Beamten erledigt und kaum seid ihr außer Sicht, gehen die Gegner trotz zahlreicher Leichen nach nur kurzer Zeit wieder ihrem Alltagsleben nach. Das wirkt zuweilen dermaßen lächerlich, dass der Biss in die Tischkante unausweichlich ist. Auch sonst reagieren die NPCs recht schwach. Bewohner von Wohnungen zum Beispiel stören sich nicht daran, dass wir erst ihre Wohnungstür hacken und dann munter ihre Bude ausräumen.

Immer wieder entdeckt man weitere Macken, wie beispielsweise zwei Passanten im Gespräch, von denen der eine in Hengsha chinesisch, der andere englisch spricht. Was aber richtig nervt, sind die sporadischen Bosskämpfe, die auch dann anfallen, wenn ihr eigentlich einem gewaltfreien Weg folgt. Das sind zum Teil Erlebnisse aus der Hölle des Spiele-Designs. Und da die Ladezeiten auf der Konsole immens lang sind, bedeutet jedes Ableben eine lange und langweilige Wartezeit. Da ist es nur wenig tröstlich, dass man außer im Kampf jederzeit speichern kann.

Kommt ein Mann in die Bar ...

… und fragt den offensichtlichen Barkeeper, der hinter dem Tresen Gläser poliert und auf dessen T-Shirt sogar das Emblem des Clubs leuchtet: „Arbeiten Sie hier?“. Ein fast schon symptomatisches Erlebnis für die deutsche Übersetzung des Spieles, die leider des öfteren zu wünschen übrig lässt. Vor allem fällt das bei den sich stetig wiederholenden Sprüchen der NPCs auf, aber auch in einigen Dialogsequenzen. Dann wieder gibt es Gespräche, die richtig gut geworden sind und die uns sogar emotional berühren, wenn wir die Augen geschlossen halten und zudem dem atmosphärischen Elektro-Soundtrack im Hintergrund lauschen. Und manchmal kann man sogar aus einem Gespräch auf der Straße hilfreiche Hinweise zu Nebeneingängen entnehmen.

Die Dialoge, die so oft viele sinnvolle Entscheidungsmöglichkeiten liefern, werden uns von bekannten Sprechern vorgetragen, die sich dabei sogar redlich Mühe geben, auch wenn sie dann und wann am Ziel vorbei schießen. Das wäre noch ok, wenn die Dialoge nicht so mies in Szene gesetzt wären. Von Lippensynchronität haben die Entwickler wohl noch nie etwas gehört. Allzu oft plappern die Lippen noch, auch wenn längst wieder Stille herrscht oder unser Gegenüber betätigt sich wohl ohne jede Lippenregung als Bauchredner. Und über die mageren Gesichtsanimationen, die bei einem solchen Spiel soviel herüber bringen könnten, breiten wir den Mantel des Schweigens. Wir empfehlen daher dringend, die englische Originalversion zu spielen, so ihr denn der Sprache gut mächtig seid.

Zukunftsspiel mit Vergangenheitstechnik

Düster und dreckig will es wirken, das neue Deus Ex. Wahrlich zweischneidig ist das Ergebnis. Das Problem ist dabei gar nicht das Art Design, auch wenn die stark brauntonlastige Darstellung sicherlich nicht jedermanns Sache ist. Rein künstlerisch ist der futuristische Look sogar gut gelungen und gerade in Räumen entdeckt man viele Details und Objekte, wobei man sich bei letzteren einen Tick mehr Interaktion wünschen würde. Auch die visuell unschöne Leuchtumrandung nutzbarer Objekte ist nicht schlimm, zumal sie in den Optionen deaktivierbar ist. Das Problem liegt eher in der technischen Umsetzung. Detailarme Umgebungen mit matschigen Texturen. Klonpassanten in den Straßen. Schwachbrüstige Zwischensequenzen, dazu die besagt schwachen Dialogszenen und vieles mehr enttäuschen das Auge, das so gern ein Deus Ex mit zeitgemäßer Technik sehen würde.

Dass wir keine Highend-Grafik erwarten durften, war uns aufgrund der langen Entwicklungszeit klar. Aber dass das Endergebnis technisch doch so schwach und enttäuschend würde, damit haben wir nicht gerechnet. Zumal es nicht an Fehlern mangelt, wie die zahlreichen Clipping-Fehler, das leichte Tearing oder zappelnde Körper am Boden, die sich eigentlich gar nicht rühren dürften, aber aufgrund schlechter Physik ein bizarres Eigenleben entwickeln. Die PC-Version sieht in Relation gesehen nicht so viel besser aus, wie man es erwarten könnte. Lediglich auf der Effektseite verbucht der PC ein leichtes Plus dank der feineren Effekte aus der DX11-Küche.  >>

Fazit

Andreas Philipp - Portraitvon Andreas Philipp
Deus Ex: Human Revolution hat es mir zu Beginn nicht leicht gemacht. Wäre die Bewertung auf Basis der ersten vier bis fünf Stunden gefallen, hätte wohl irgendwas im 70er-Bereich unter diesem Fazit gestanden. Und in der Tat, das Spiel hat seine Schwächen. Der triste, graubraune Look wird mit der Zeit trotz guten Art-Designs etwas langweilig, zumal die Konsolenversion nicht gerade mit schönen Texturen glänzt und die visuelle Umsetzung der Dialoge ziemlich mies ist. Die Shooter-Mechanik wirkt altbacken, das Deckungssystem hakelig, die KI irgendwo zwischen Einstein und einem unterbelichteten Lemming. Wer die Wahl hat, sollte zur PC-Version greifen, die insgesamt etwas flüssiger zu steuern ist, aber in Relation gesehen trotz DX11 nicht viel besser aussieht. Je weiter das Spiel voranschreitet, desto mehr packt es einen. Die Geschichte ist umfangreich, spannend, bietet einige sehr überraschende Wendungen mit zum Teil gut ausgearbeiteten Charakteren und fesselt einen von Minute zu Minute mehr vor den Bildschirm. Viel mehr aber packen einen die immensen Möglichkeiten, die das Spiel bietet, die vielen unterschiedlichen Spielweisen, die moralischen Entscheidungen und die spielerische Freiheit, alles auszuprobieren, was einem in den Sinn kommt. Human Revolution ist wahrlich ein Deus Ex im besten Sinne, wenn auch bei der Konsolenversion noch einiges an Luft nach oben vorhanden ist und die PC-Version unter ihren Möglichkeiten bleibt. Der zweite Nachfolger eines der besten Spiele aller Zeiten setzt vielleicht keine Maßstäbe, aber es zeigt zumindest, was möglich ist und dass intelligentes Spielen auch im Zeitalter von Call of Duty und Konsorten keine Ausnahme sein muss.

Überblick

Pro

  • spannende Geschichte
  • viele unterschiedliche Wege
  • sehr viele spielerische Möglichkeiten
  • schöner Soundtrack
  • ordentliches Waffenarsenal
  • sinnvolle Waffenupgrades
  • gutes Augmentierungssystem
  • gutes Hacking-Minispiel
  • stimmungsvolles Ambiente

Contra

  • schwache Umgebungstexturen
  • Dialoge nicht lippensynchron
  • schwache Gesichtsanimationen
  • hakeliges Deckungssystem
  • stark schwankende KI
  • Reaktionen der NPCs mangelhaft
  • mittelmäßige Lokalisierung
  • etwas holprige Shooter-Mechanik
  • nervtötende Bosskämpfe

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