Test - Agony : Blut und Nippel
- PC
- PS4
- One
Fazit
Ein teuflisch guter Trip? Die Meinungen zum ambitionierten Kickstarter-Projekt Agony werden vermutlich leider so gespalten ausfallen wie die Venusfliegenfallenköpfe der nackten Dämonen. Von den reinen Schauwerten her liefert Madmind Studios hier einen höllisch guten Hingucker ab, der mich als Horrorfan auf Anhieb begeistert. Nur mit einer kleinen Fackel ausgestattet durch blutbesudelte Labyrinthe aus riesigen Körperteilen zu tapsen, während Seelen vor Pein wimmern, betörende Sukkubi locken und hungrige Monstrositäten grummeln, sorgt für spaßige Geisterbahnatmosphäre. Alien-Schöpfer H. R. Giger, Cthulhu-Autor H. P. Lovecraft und Hellraiser-Mastermind Clive Barker wären fraglos angetan.
Schade ist, dass Agonys infernale Finsternis nicht viel beherbergt. Die Levels sind zwar allesamt liebevoll gestaltet, sehen allerdings alle sehr ähnlich aus. An den Fleischwänden, Leichenbergen und Blutseen sehe ich mich schnell satt, es kommen mit der Zeit kaum neue Gegnertypen dazu und da es nahezu keine Handlung gibt, bleibt der Abstieg in die Unterwelt ein einsilbiger.
Statt auf die Story scheinen die Entwickler zu naiv aufs Gameplay vertraut zu haben, doch das bleibt leider weitgehend auf der Streckbank. Anfangs macht es noch Spaß, Tunnel zu erkunden und den Monstern trickreich zu entgehen. An den Abläufen ändert sich aber auch nach Stunden nichts. Stets geht es lediglich darum, die Schlüssel für den nächsten Ausgang zu suchen. Die „Rätsel“ verdienen im Grund ihren Namen nicht.
Ich persönlich habe nichts gegen sperrige Spiele wie Dark Souls, die dem Spieler nicht jede Einzelheit vorkauen. Doch muss es so umständlich frustrierend sein wie hier? Bei Dark Souls gibt es einen eleganten Lerneffekt. Beim exzellenten Alien: Isolation passiert es zwar auch gelegentlich, dass man chancenlos erwischt wird, aber vor dem Alien durfte ich aufgrund seiner unheimlichen Präsenz echten Bammel haben. In Agony laufe ich den Wächtern oftmals aufgrund von Orientierungslosigkeit und Sichtproblemen unnötigerweise in die Arme. Mal abgesehen davon, dass es sowieso seltsam erscheint, in der Hölle sterben zu können, nervt das ständige Sterbeprozedere. Es wird zu einem lästigen Minispiel, das mich nur davon abhält, mit dem ohnehin schon trägen Spiel fortzufahren.
Das wahre Grauen lauert letztlich in der technischen Umsetzung. Neben kleineren Problemen bei Grafik, Clipping und Sound kann es in der jetzigen Version sogar vorkommen, dass mehrere Spielstunden wiederholt werden müssen, weil sich der Spielstand zerstört.
Da können die Entwickler glatt froh sein, dass die aktuelle Social-Media-Resonanz fast ausschließlich über die späte Entschärfung des Titels herzieht. Zur Erinnerung: Kurz vor Veröffentlichung gab das Studio bekannt, dass man zur Freigabe des Spiels ein bisschen was zensieren musste. Dass lediglich ein paar Sekunden aus den Endsequenzen fehlen, dürfte angesichts der immer noch zahlreichen Gore- und Nacktheitselemente allenfalls Uncut-only-Puristen stören.
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Überblick
Pro
- detailverliebte Höllenarchitektur
- großer Spielumfang
- packender Agoniemodus
- mehr nackte Haut als in vielen anderen Spielen
- effektive Soundkulisse
Contra
- kein echter Grusel
- null Handlung
- kaum Abwechslung oder Entwicklung
- keinerlei fordernde Rätsel
- wenige Gegnertypen
- schlechte Navigation
- zu Verkaufsstart viele und verheerende Bugs
- hoher Frustfaktor
- nur deutsche Untertitel
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