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Test - Planetary Annihilation : Ungeschliffener Strategiediamant

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Das durch Crowdfunding finanzierte Strategiespiel Planetary Annihilation soll das inoffizielle Erbe von Titeln wie Supreme Commander & Co. antreten. Eine ziemlich schwere Bürde, doch die im Vorfeld in Aussicht gestellten Inhalte waren sehr verheißungsvoll. Nach dem „finalen“ Start des Spiels stellt sich nun die Frage: Leere Versprechungen oder tatsächlich ein Meilenstein des Genres?

Fast genau zwei Jahre ist es mittlerweile her, dass die Entwickler von Uber Entertainment auf der Crowdfunding-Plattform Kickstarter um Geld gebeten haben. 900.000 Dollar wollte das Team haben, um ein Strategiespiel namens Planetary Annihilation fertigzustellen. Die damals vorgestellten Inhalte sowie einige Versprechungen entfachten jedoch eine dermaßen große Euphorie, dass zum Ende der Kickstarter-Kampagne über 2 Millionen Dollar zusammengekommen sind.

Somit hatte Uber Entertainment deutlich mehr Geld zur Verfügung als ursprünglich gedacht – und wollte diesen Überschuss in zusätzliche Funktionen und Inhalte investieren. Nach einer Alpha- sowie einer Early-Access-Phase erfolgte vor Kurzem der „Final Launch“ des Spiels. Doch so final, wie es eigentlich sein sollte, ist das Ganze dann doch noch nicht.

Krieg der Planeten

Doch dazu gleich etwas mehr. Zunächst wollen wir euch mal erklären, um was für ein Spiel es sich bei Planetary Annihilation konkret handelt. Wer sich im Strategiegenre etwas auskennt, dem dürften Titel wie Total Annihilation oder Supreme Commander ein Begriff sein. Und genau an diese Vertreter lehnt sich das Spielgeschehen von Planetary Annihilation an – und geht noch einen Schritt weiter. Im Klartext bedeutet das: Ihr übernehmt zu Beginn einer Partie die Kontrolle über eine sogenannte Commander-Einheit, die gleichzeitig Dreh- und Angelpunkt des ganzen Spiels ist.

Mit ihrer Hilfe errichtet ihr anfangs sämtliche Gebäude, zum Beispiel Werkstätten zur Produktion von Land-, Luft- und Seeeinheiten im Mech-Stil und auch Reaktoren für die Erzeugung von Energie. Ohne den Commander könnt ihr also keine Basis bauen, entsprechend wertvoll ist diese Einheit. Gleichzeitig gilt: Ist der Commander tot, verliert ihr die Partie. Ihr solltet ihn demnach besonders gut im Auge behalten.

Doch zurück zur eben genannten Energie. Die stellt eine von insgesamt zwei Rohstoffen dar, die ihr benötigt, um überhaupt in den Kampf ziehen zu können. Neben der Energie (für Teleporter, Radarstationen etc.) müsst ihr für ausreichend Nachschub an Metall sorgen – ansonsten gibt es keine Gebäude und vor allem keine Kampfeinheiten. Aufträge zum Bauen könnt ihr komfortabel in einer Kette erteilen und somit vorausschauend expandieren, allerdings immer mit Bedacht. Sollte der aktuelle Verbrauch von Rohstoffen deren Gewinnung übersteigen, kommt die gesamte Produktion ins Stocken. Klingt alles bisher nicht sonderlich kompliziert und vor allem relativ vertraut, nicht wahr?

Doch jetzt kommen die Besonderheiten von Planetary Annihilation ins Spiel. Wie bei den bereits erwähnten Supreme Commander & Co. läuft das alles im großen Stil ab. Anstatt nur eine kleine Basis mit einer überschaubaren Armee zu erstellen, tummeln sich in diesem Fall nicht selten mehr als hundert Einheiten gleichzeitig auf dem Schlachtfeld. Es gibt zahlreiche Fronten, eine Unmenge an Metallvorkommen und zudem kommt noch die schiere Größe der Spielwelt hinzu. Anstatt euch nur in begrenzten Gebieten zu bewegen, tragt ihr die Kämpfe gegen KI-Generäle oder menschliche Kontrahenten auf kompletten 3-D-Planeten aus, deren Ansicht ihr beliebig drehen und zoomen könnt.

Als wäre das noch nicht genug, weiten sich die Schlachten mitunter auf ein vollständiges Sonnensystem mit mehrere Planeten aus, die ihr möglichst gleichzeitig im Auge behalten müsst. Alles ist stets in Bewegung, immer gibt es etwas zu tun, Atempausen gibt es so gut wie nie. Ihr seht schon: Hier zählen alleine die Masse und der enorme Umfang, ohne dass dabei der taktische Tiefgang der Einheiten verloren gehen würde - dem Stein-Schere-Papier-Prinzip sei Dank.

Wo sind sie denn alle?

Doch so flüssig und actionreich sich die Schlachten von Planetary Annihilation spielen und so episch das Planetenszenario auch sein mag – die Übersicht leidet letztendlich doch ein wenig. Zwar gibt es eine Bild-in-Bild-Funktion, doch eine Minikarte sucht man vergeblich, sodass es nicht selten vorkommt, dass man einige Ereignisse im Kampfverlauf übersieht. Das kann euch im schlimmsten Fall schon mal den Sieg kosten. Wenn ihr weit vom Planeten rauszoomt, sind Einheiten nur noch als Symbole zu erkennen, deren gezielte Auswahl dann etwas fummelig werden kann.

Ein paar Tutorials, dank derer man Fehler dieser Art durch praxisnahe Übungen bereits im Vorfeld vermeiden würde, gibt es leider nicht – lediglich nicht immer hilfreiche Videos stehen in dieser Hinsicht zur Verfügung. Hinzu kommt, dass sich gerade bei einer Schlacht, die sich über mehrere Planeten erstreckt, aufgrund der örtlich versetzten Brennpunkte schnell fast schon unfaire Situationen ergeben. Konzentriert man sich beispielsweise zunächst nur auf einen Planeten, kann der Gegner auf einem anderen Himmelskörper unbedrängt eine fast unüberwindbare Verteidigung aufbauen. Da hilft meist nur noch der Einsatz einer todessternähnlichen Superwaffe, die jedoch zunächst mal gebaut werden muss.

Planetary Annihilation - Launch Trailer
Die Wiederauferstehung der Echtzeitstrategie

Die größten Probleme offenbart jedoch der Solopart von Planetary Annihilation. Der besteht nämlich nicht aus einer Kampagne mit festen Missionen sowie einer Hintergrundgeschichte. Vielmehr handelt es sich bei „Galactic War“ eher um eine Aneinanderreihung von Skirmish-Partien gegen Computer-Gegner.

Zwar gibt es hierbei ein im Kern interessantes Upgrade-System, das motivieren soll. Da dieses jedoch vom Zufall bestimmt wird, erhaltet ihr oftmals Updates, die ihr entweder gar nicht oder erst zu einem späteren Zeitpunkt gebrauchen könnt. Des Weiteren gibt es neben dem sonst eigentlich recht cleveren Verhalten auch einige nervige KI-Aussetzer im Kampf sowie die frustrierende Tatsache, dass nach einer Niederlage die gesamte „Kampagne“ beendet ist. Hier muss Uber Entertainment unbedingt nachbessern.

Am meisten Spaß macht Planetary Annihilation ohnehin im Multiplayer-Modus, wenn sich bis zu zehn Spieler ans Leder wollen. Allerdings gibt es auch hier noch einige Macken und fehlende Features. Die Replays funktionieren beispielsweise nicht immer einwandfrei. Grafisch dürft ihr übrigens keine Augenweide mit übermäßig imposanten Effekten erwarten – dafür war das Budget zu gering. Immerhin ist der polygonarme Stil in sich stimmig. Die Klangkulisse ist ebenfalls etwas dünn. Die Musikstücke untermalen das Geschehen recht gut, doch die Effekte dürften gerne etwas variantenreicher sein.

Fazit

André Linken - Portraitvon André Linken
Massengefechte mit Macken

Man spürt in jeder Spielsekunde, wie viel Potenzial in Planetary Annihilation eigentlich steckt. Die bewusst auf Massengefechte getrimmte Spielmechanik kommt verdammt nah an die Vorbilder wie Supreme Commander heran. Die Idee mit den planetenübergreifenden Schlachten ist grandios, der taktische Tiefgang definitiv vorhanden. Doch gleichzeitig merkt man, dass Planetary Annihilation schlicht und ergreifend noch nicht fertig ist. Der Solomodus gibt wenig her, die prinzipiell clevere KI hat mit Aussetzern zu kämpfen, interessante Funktionen wie die Replays funktionieren noch nicht astrein und weitere kleinere Macken trüben das interplanetare Gemetzel derzeit noch etwas. Wer seinen Fokus hauptsächlich auf Multiplayer-Gefechte richtet und sich dem mitunter fast schon stressigen Spielgeschehen stellen möchte, sollte sich Planetary Annihilation unbedingt genauer ansehen. Wer gleichzeitig aber auch einen guten Solomodus sucht, lässt von dem Spiel im aktuellen Stadium lieber noch die Finger. Vielleicht ändert sich das aber noch. Wir behalten das auf jeden Fall im Auge.

Überblick

Pro

  • gutes Stein-Schere-Papier-Prinzip
  • imposantes „Planeten-Feeling“
  • riesige Massenschlachten
  • in sich stimmiger Grafikstil
  • dynamische Gefechte ohne Atempausen
  • toller Multiplayer-Modus

Contra

  • mitunter mangelnde Übersicht
  • noch fehlende Inhalte/Funktionen
  • Solopart wenig ergiebig
  • KI-Aussetzer
  • schwerer Einstieg

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